taz.de -- Kommentar Guantánamo: Keine Ausreden mehr
Menschenerechte und Demokratie gehörten nicht zu den Prioritäten von Obama. Unter seiner Präsidentschaft wurden diese Werte mit Füßen getreten.
Namen. 46 Menschen, die die Vereinigten Staaten von Amerika auf ewig in Guantánamo festhalten wollen, ohne ihnen den Prozess zu machen. Ohne Verfahren also, ohne Chance auf Verteidigung. Grund: Man wisse, dass sie gefährlich sind, habe aber keine gerichtsverwertbaren Beweise.
Das ist nach allen nationalen wie internationalen juristischen Vorstellungen illegal, ist staatliche Präpotenz, wie sie nur Diktaturen anwenden. Angeblich ist es der Wille des US-Präsidenten Barack Obama, der an diesem Dienstag in Berlin eine Rede hält, diesen Zustand zu beenden. Ist das noch glaubwürdig?
Sicher, die ersten Versuche Obamas, die Gefangenen aufs Festland zu verlegen und die Militär- durch zivile Justiz zu ersetzen, sind am Kongress gescheitert – nicht nur alle Republikaner, sondern auch viele Demokraten wollten da nicht mitziehen, und der US-Präsident, wiewohl stets als mächtigster Mann der Welt tituliert, kann gegen den Willen des Kongresses nicht viel machen.
Aber: Das Thema war Obama auch nicht wichtig. Sein politisches Kapital jedenfalls hat er nicht für die Schließung von Guantánamo oder die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit eingesetzt.
Obama hatte andere Prioritäten, er hatte mit einer harten Opposition zu kämpfen, und wie alle von der Demokratischen Partei gestellten Präsidenten wollte er in puncto nationaler Sicherheit keine "Schwächen" zeigen. Das kann, wer die US-Innenpolitik verfolgt, vielleicht kopfschüttelnd nachvollziehen.
Zu akzeptieren ist es jedoch nicht, dass da weiterhin ein Ort existiert, wo unter der Ägide jener Weltmacht, die sich selbst den Einsatz für Menschenrechte und Demokratie auf die Fahnen geschrieben hat, ebendiese Rechte seit nunmehr über elf Jahren mit Füßen getreten werden.
Guantánamo, der Drohnenkrieg, die Abhörskandale der NSA – all das hat unter George W. Bush begonnen. Aber die Zeit der Ausreden ist vorbei. Entweder Obama geht es ernsthaft an, Dinge zu ändern – oder es ist eben seine Politik, alles so zu belassen, wie es ist.
Er muss sich dann allerdings auch daran messen lassen. Die Formulierung „hat sich stets bemüht“ ist nicht umsonst in Arbeitszeugnissen ein verheerendes Urteil.
18 Jun 2013
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