taz.de -- Der Lauschangriff: Putin trifft Obama

Prominente sagen so schöne Sätze. Durch ihr weltweites Spionagenetz weiß die taz auch, in welchen Situationen sie wirklich gefallen sind.
Bild: „Wir sehen uns praktisch kaum noch. Jeder hat sein eigenes Leben.“

Moskau. Flughafen, Transitbereich. Lange Gänge, Parfümerien, Imbisse. Der Geruch hastig gerauchter Machorka mischt sich mit dem von Schweiß. Zwei Männer starren in die Auslagen eines Duty-free-Shops. Barack Obama, Präsident, sucht noch ein Geschenk für seine Visite bei Nelson Mandela. Wladimir Putin, ebenfalls Präsident, will seiner Exfrau Ludmilla bei einem Höflichkeitsbesuch etwas mitbringen. Die Männer erkennen sich, nicken sich zu.

Putin (leicht vorwurfsvoll): „Wir sehen uns kaum noch. Jeder lebt sein eigenes Leben.“

Obama (entspannt): „Die Tatsache, dass wir heute hier stehen können, an dieser Trennlinie, wo eine Stadt gespalten war, spricht für sich.“

Putin ist zunächst irritiert, merkt dann aber, dass Obama Moskau mit Berlin verwechselt. Der Jetlag. Beide betreten den Laden.

Putin (an Edward Snowden denkend): „Ich hoffe, dass sich der Fall nicht auf die Beziehungen zwischen Russland und den USA auswirkt.“

Obama: „Ich dachte eigentlich nicht, dass ich den russischen Präsidenten persönlich bitten muss.“

Putin (philosophisch): „Es ist wie beim Scheren eines Ferkels: Es gibt viel Gequieke, aber wenig Wolle.“

Ihr Blick fällt auf die goldene Statue eines Mannes in Heldenpose. Putin will sie, Ludmilla liebt so was. Obama ist ebenfalls sehr interessiert.

Obama (an Mandela denkend): „Er ist mein persönlicher Held. Ich denke, er ist ein Held auch für die ganze Welt.“

Putin (weiter philosophisch): „Was ist es für ein Unterschied für einen einzelnen Bürger, wo er diese Kostbarkeit sieht?“

Obama (ärgerlich): „Ich werde nicht mauscheln, handeln oder tauschen.“

Beide greifen nach dem Standbild, das plötzlich einen Satz macht. Bevor die Präsidenten es fassen können, rennt es aus dem Geschäft. Es ist Edward Snowden! Er verschwindet in den Abfertigungshallen.

Putin: „Ich werde keine Jets starten, um einen 29 Jahre alten Hacker zu kriegen.“

Obama nickt. Würde er auch nicht machen.

(Anmerkung der Redaktion: Der Text verwendet Originalzitate. Sie wurden allenfalls leicht verändert.)

1 Jul 2013

AUTOREN

Daniel Schulz

TAGS

Wladimir Putin
Barack Obama
Edward Snowden
Wladimir Putin
Barack Obama
Whistleblower
Edward Snowden
Edward Snowden
Edward Snowden
Edward Snowden
Edward Snowden
Edward Snowden

ARTIKEL ZUM THEMA

Drohung wegen Snowden: Obama sagt Putin vorläufig ab

Snoden sitzt momentan am Moskauer Flughafen fest. Falls sich daran bis September nichts ändert, will US-Präsident Obama nicht zum G20-Gipfel nach St. Petersburg reisen.

Asyl für Snowden in Russland: Putin reicht seine Hand

Der NSA-Whistleblower soll Asyl in Russland beantragt haben. Zuvor hatte Präsident Putin ein entsprechendes Angebot gemacht – und an Bedingungen geknüpft.

Gerangel um Edward Snowden: Ecuador kündigt Zollabkommen

US-Politiker hatten Ecuador bei einer Aufnahme Edward Snowdens mit wirtschaftlichen Konsequenzen gedroht. Nun kam das Land ihnen zuvor und verzichtet auf Zollvergünstigungen.

Snowden noch immer in Moskau: Ecuador heißt jetzt Transitbereich

Der von den USA gesuchte Whistleblower Edward Snowden hält sich noch immer am Moskauer Flughafen auf. Das behauptet zumindest der russische Präsident Putin.

USA sucht Edward Snowden: Der „Verräter“ ist verschwunden

Die US-Regierung erklärt Edward Snowdens Pass für ungültig und droht Ländern, die ihm helfen. Verschwunden ist er trotzdem.

Kommentar Snowden auf der Flucht: Nur zweifelhafte Staaten helfen

Edward Snowden erhält Unterstützung: von China, Russland, Ecuador. Das ist bedauerlich. Aber in liberalen Demokratien kann er sich leider nicht sicher fühlen.