taz.de -- Kommentar NSA-Spionage: Viel Empörung, wenig Wissen
Das Ausmaß der Überwachung durch die NSA mag überraschen – dass sie stattfindet sollte europäischen Politikern eigentlich klar gewesen sein.
Schon seit Wochen tauchen in der Presse immer neue Details zum Abhörprogramm Prism des US-amerikanischen Geheimdienstes NSA und zum Tempora-Programm seiner britischen Vettern auf: Telefon- und Computerverbindungen werden überwacht.
Nicht nur bei den Russen und Chinesen oder den bösen Nordkoreanern – nein, auch die Verbündeten sind im Visier. Aktuellste Informationen: EU-Vertretungen werden angezapft und verwanzt; Deutschland gilt sogar explizit als „Angriffsziel“.
Die Empörung unter Politikern ist groß. Von „inakzeptabel“ über „abscheulich“ bis hin zu „Riesenskandal“ ist die Rede. Und all dies ist natürlich auch richtig – aber die Frage stellt sich schon: Wo leben diese Leute eigentlich? Die Zeiten, wo in den Hinterzimmern von Postverteilerstellen Briefe über Wasserdampf geöffnet wurden, sind doch längst vorbei. Noch nie etwas vom „Staubsauger im All“ gehört? Und warnen Geheimdienstkritiker nicht schon seit Jahr und Tag vor den Geheimdienstkraken?
Wirklich neu ist allenfalls das Ausmaß, das die Ausforschungen unter dem spätestens seit 9/11 immer passenden Schlagwort Terrorismusbekämpfung angenommen haben und das selbst die ewigen Warner erstaunt. Um wie viel ehrlicher sind da doch Kanzlerin Merkel, die erst einmal die Füße still hält, und ihr Innenminister Friedrich, der nichts wirklich Verwerfliches zu erkennen vermag und stattdessen lieber auf echte oder erfundene Erfolge durch die fröhliche Geheimdienstkooperation hinweist.
Gerade einmal rund 14 Tage ist her, dass der Bundesnachrichtendienst für sein „Technikaufwuchsprogramm“ 100 Millionen Euro zugesprochen bekam, um da technisch mithalten zu können. Die erste Tranche von 5 Millionen Euro ist bereits freigegeben.
Da kann man sich über all die Verwunderer nur noch wundern.
1 Jul 2013
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