taz.de -- Oberlandesgericht Nürnberg: Gustl Mollath kommt frei
Überraschende Wende: Das Oberlandesgericht Nürnberg hat entschieden, dass Mollath aus der Psychiatrie entlassen werden muss. Sein Verfahren wird neu aufgerollt.
MÜNCHEN afp/dpa | Der seit sieben Jahren gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebrachte Gustl Mollath kommt unverzüglich frei. Das entschied am Dienstag das Oberlandesgericht Nürnberg. Das Gericht beschloss zuvor die Wiederaufnahme des Prozesses gegen Mollath. Als Konsequenz daraus müsse dieser freigelassen werden.
Das OLG Nürnberg korrigierte damit eine Entscheidung des Landgerichts Regensburg, das vor knapp zwei Wochen die Wiederaufnahme des Prozesses gegen Mollath als unzulässig abgelehnt hatte. Das OLG ordnete nun die Wiederaufnhame an und verfügte, dass diese an einer anderen Kammer des Landgerichts Regensburg stattfinden muss. Mit der Anordnung der Wiederaufnahme sei das Urteil gegen Mollath aus dem Jahr 2006 nicht mehr rechtskräftig. Damit entfalle auch die Grundlage für dessen Unterbringung.
Mollath sieht sich als Justizopfer. Er wurde 2006 nach von ihm bestrittenen tätlichen Angriffen auf seine inzwischen geschiedene Frau zwangseingewiesen. Damals wurde ihm auch eine paranoide Gedankenwelt vorgeworfen, weil er behauptete, dass seine Frau bei der HypoVereinsbank Schwarzgelder in Millionenhöhe verschoben habe. Inzwischen ergaben interne Prüfungen der Bank, dass ein Teil dieser Vorwürfe zutrifft. Seither sorgt der Fall bundesweit für Aufsehen.
6 Aug 2013
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Verfassungsbeschwerde gegen Verlängerung der Psychiatrie-Unterbringung im Jahr 2011 hat Erfolg. Das ist eine Niederlage für Justizministerin Merk.
Strafrechtsprofessor Henning Ernst Müller wünscht sich, dass die Justiz aus ihren Versäumnissen lernt. Und sie sollte ihre Gutachter öfter wechseln.
Nach sieben Jahren Psychiatrie kommt Gustl Mollath bei einem Freund im Raum Nürnberg unter. Justizministerin Merk bleibt in der Kritik.
Die Entscheidung, den Fall Gustl Mollath neu aufzurollen, ist für Bayerns Regierung praktisch. Das Thema wird so aus dem Wahlkampf gehalten.
Harald Range fordert eine neue Prüfung der Psychiatrie-Unterbringung von Gustl Mollath. Diese Stellungnahme könnte bald die Freiheit bringen.
Jährlich muss geprüft werden, ob Mollath noch gefährlich und die Unterbringung verhältnismäßig ist. Nun soll es dazu ein neues Gutachten geben.
Im Fall Mollath wurden viele Fehler begangen. Jüngst ist gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens entschieden worden. Dennoch ist er bald frei.
CDU und FDP geht es nur darum, dass die Justizministerin nicht vor den Landtagswahlen fällt. Das Verfahren gegen Mollath muss wieder aufgenommen werden.
Im Fall Gustl Mollath wirft Grünen-Politiker Martin Runge dem Gericht „gravierende Verfahrensfehler“ vor. Und findet die Rolle der Justizministerin „unsäglich“.