taz.de -- Kämpfe auf dem Sinai: Armee-Hubschrauber greifen an

Das ägyptsche und das israelische Militär kämpfen gegen mutmaßliche Islamisten. Bei der Beerdigung von Opfern eines Luftangriffs wehte die Al-Qaida-Flagge.
Bild: Beim Trauerzug zur Beerdigung von vier Opfern eines Luftangriffs werden schwarze Flaggen geschwenkt, die mutmaßlich für das Terror-Netzwerk Al-Qaida stehen.

AL-ARISCH/KAIRO dpa | Während alle auf die Islamisten-Proteste in Kairo schauen, wird der Norden der ägyptischen Sinai-Halbinsel zum Schlachtfeld. Am Samstag wehte in Al-Dschura östlich von Al-Arisch die schwarze Fahne des Terrornetzwerks Al-Qaida, als Angehörige und Gesinnungsgenossen vier „Dschihadisten“ zu Grabe trugen. Sie waren am Vortag bei einem Luftangriff getötet worden, der Israel zugeschrieben wird.

Am Sonntag meldeten Anwohner, mehrere Ziele in der Ortschaft Al-Tuma östlich von Al-Arisch seien in der Nacht von „Apache“-Hubschraubern der ägyptischen Armee aus beschossen worden.

Über mögliche Opfer des Angriffs in Al-Tuma wurde zunächst nichts bekannt. In dem Gebiet werden Islamisten vermutet, die an der Tötung von 16 Soldaten in Rafah vor einem Jahr beteiligt gewesen sein sollen.

Kurz nach der Hubschrauber-Attacke griffen islamistische Extremisten eine Polizeistation in der Provinzhauptstadt Al-Arisch an. Nachdem am Samstag eine Rakete vor dem Offiziersclub in Al-Arisch einen Soldaten verletzt hatte, durchkämmte die Armee den östlichen Vorort Al-Raisa, allerdings ohne Erfolg.

Absprachen mit Israel sind unpopulär

Die Terrorgruppe Ansar Beit al-Makdis erklärte, vier Angehörige der Gruppe seien am Freitag ums Leben gekommen, als sie auf der Sinai-Halbinsel nahe der israelischen Grenze von einer Rakete getroffen wurden. Der Kommandeur des Trupps, der gerade damit beschäftigt gewesen sei, einen Raketenangriff auf Israel vorzubereiten, habe die Attacke überlebt.

Augenzeugen sprachen von vier Toten und einem Verletzten. Die Getöteten stammen nach Angaben der Extremisten alle aus Dörfern, die auf der Sinai-Halbinsel liegen. Nach Angaben von Augenzeugen feuerten die Israelis insgesamt zwei Raketen auf mutmaßliche „Dschihadisten“ in dem Gebiet nahe der Grenze ab. Die zweite Rakete soll einen Mann auf einem Motorrad getroffen haben.

Die Kairoer Tageszeitung Al-Shorouk meldete unter Berufung auf das Militär, die Grenztruppen hätten die Leiche eines Mannes neben einem Motorrad gefunden. Das Militär dementierte jedoch, dass Israel nach Absprache mit Kairo die Extremisten getötet hat. Es habe sich um eine geheime Aktion des ägyptischen Militärs gehandelt, zitierte die Zeitung Al-Masry Al-Youm einen Militärsprecher.

Inoffiziell hieß es jedoch in Ägypten, es habe vor der Attacke Kontakt zwischen den Verantwortlichen in beiden Ländern gegeben. Beobachter vermuten, dass sich die ägyptische Armee nicht zu Absprachen mit Israel äußern will, weil Israel von vielen Ägyptern bis heute als Feind angesehen wird.

Mursi-Anhänger sprechen von „israelischer Terroroperation“

Die Unterstützer des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi, der im Juli vom Militär entmachtet worden war, verurteilten die „israelische Terroroperation“ und nutzten den Vorfall für erneute Kritik an der Militärführung. Während der Regierungszeit der Muslimbrüder hatten militante Salafisten ihren Einflussbereich in dem Gebiet an der Grenze zu Israel ausgedehnt.

Schon seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak Anfang 2011 ist die Sicherheitslage auf der Halbinsel sehr angespannt. Die ägyptische Armee hatte vor einigen Wochen zusätzliche Soldaten in das Gebiet verlegt. Da dies im Camp-David-Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten eigentlich nicht vorgesehen ist, musste dieser Schritt von Israel genehmigt werden.

11 Aug 2013

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