taz.de -- Kommentar Israel und Syrien: Die Gasmasken liegen schon bereit
Israel hatte Recht: In Syrien wird mit Gas operiert. Einen Eingriff Israels kann allerdings niemand wollen. Netanjahu kann sich zurücklehnen und abwarten.
Es ist eine bittere Genugtuung für Israel, Recht gehabt zu haben. Schon vor fünf Monaten berichtete der militärische Abwehrdienst in Tel Aviv über klare Indizien für den wiederholten Einsatz von Giftgas in Syrien. Adressat war die internationale Gemeinschaft, doch keiner wollte zuhören, sondern lieber weiter glauben, dass nicht ist, was nicht sein darf. Eine verständliche, wenngleich wenig verantwortungsvolle Reaktion. Die wenigsten Probleme lösen sich von allein.
Das Worst-Case-Szenario wäre es, würde sich Israel der Sache selbst annehmen. Die Angriffe der israelischen Luftwaffe auf die Rüstungstransporte für die Hisbollah waren Spiel mit dem Feuer genug. Niemand sollte es riskieren, in das syrische Morden hineingezogen zu werden. Regierungschef Benjamin Netanjahu wählte seine Worte deshalb behutsam.
Er nannte die Giftgasangriffe eine Tragödie und ein Verbrechen und sprach in einer für seine Verhältnisse eher zaghaften Drohgebärde davon, dass Israel sich zu verteidigen wissen werde. Völlig richtig, wenn er Israel raushält aus dem Konflikt, in dem beide Parteien potenziell eine Gefahr darstellen. Netanjahu kann sich zurücklehnen und zusehen, wie der Bürgerkrieg in Syrien das konventionelle Rüstungsarsenal des Feindes schröpft.
Wenn jedoch keiner da ist, der die Zügel in die Hand nimmt und wieder Ordnung schafft, bleibt auch ein Vakuum für Extremisten, die vielleicht meinen, ihren eigenen privaten Krieg gegen die Zionisten führen zu müssen. Auch wenn nie große Freundschaft zwischen Jerusalem und dem Hause Assad bestand, so hielt man sich doch über die vergangenen 40 Jahren an einen Modus Vivendi und achtete darauf, dass es weitgehend ruhig blieb in der Grenzregion.
Sollten die USA für einen Angriff gegen den syrischen Despoten entscheiden, könnte es bald aus sein mit der Ruhe. Was läge näher, als Vergeltung am Verbündeten Washingtons zu üben. Israels Armee verteilt Gasmasken an die Bürger. Wie man Türschwellen und Fensterrahmen abdichtet, um sich gegen das Gift zu schützen, wissen die über 35-jährigen noch aus dem Golfkrieg 1991.
26 Aug 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ein Eingreifen der USA in Syrien hätte womöglich böse Folgen für Israel. Israelische Politiker versuchen sich aus dem Geschehen in Syrien herauszuhalten.
Die bisherige Zurückhaltung der deutschen Parteien war gut. Nun müssen alle Alternativen jenseits eines Militärschlages ausgelotet werden.
Das Gebot der Nichteinmischung wird zur Farce, wenn ein Staat seine Bevölkerung massakriert. In Syrien könnte der Frieden erzwungen werden.
Ein Wagen der Chemiewaffeninspekteure der Vereinten Nationen ist von Heckenschüssen angegriffen worden. Israel dringt auf sofortiges Eingreifen in Syrien.
Bei Protesten in einem Flüchtlingslager gab es laut palästinensischer Ärzter drei Tote. Israels Bauminister hält derweil eine Zwei-Staaten-Lösung für „nicht realistisch“.
Baschar al-Assad ist ein furchtbarer Verbrecher, aber wir müssen mit ihm verhandeln. Die Alternative lautet: noch mehr Krieg.
Nach dem vermuteten Einsatz von Chemiewaffen in Syrien treiben die USA die Pläne für einen Militärschlag voran. Präsident Assad streitet die Vorwürfe ab.
Der Westen zeigt sich zunehmend überzeugt, dass die syrische Regierung Chemiewaffen eingesetzt hat. Diese stimmt nun doch UN-Untersuchungen zu.
„Ärzte ohne Grenzen“ erhärtet den Verdacht, dass in Syrien Giftgas zum Einsatz kam. Die USA diskutieren über ein militärisches Vorgehen. Angela Merkel ist nicht dafür.
Jörg Armbruster über Risiken und die journalistische Ethik in der Kriegsberichterstattung, seine schwere Armverletzung aus Syrien und Ägyptens Perspektiven.