taz.de -- Kommentar Aufbau Somalia: Zentral funktioniert nicht
Mit Geld werfen, auf Frieden hoffen: Die Strategie der Geberländer für Somalia ist eine Wiederholung alter Fehler.
Politiker wiederholen gern die Fehler ihrer Vorgänger. Der Zyklus von Lernen, Vergessen und Neuerfahrung ist so beständig wie der Monsun im Indischen Ozean, der jahrhundertelang die Geschichte Somalias geprägt hat. So werden sich die Somalier kaum wundern, dass die EU auf ihrer großen Geberkonferenz für Somalia offenbar zu einer längst diskreditierten Politik zurückgefunden hat: zur Förderung eines möglichst starken Zentralstaats.
Der letzte starke Zentralstaat in Somalia war eine Militärdiktatur, die sich selbst „sozialistisch“ nannte und einen Dauerkrieg gegen das Volk führte. Seit ihrem Sturz durch Rebellen 1991 hat Somalia keinen funktionierenden Zentralstaat mehr gehabt, mit gutem Grund: Ein funktionierender Zentralstaat in Somalia funktioniert nicht – nicht für die Mehrheit der vielen Lokalpatriotismen.
Der chronische somalische Bürgerkrieg funktionierte zwar auch nicht, aber er machte allen Seiten klar, dass nur eine Politik des Ausgleichs Somalia zum Frieden führen kann, nicht der gewaltsame Wiederaufbau überholter Machthierarchien. Auch das massive internationale Engagement zur Befriedung Somalias betonte in den vergangenen Jahren immer wieder, eine anerkannte Zentralregierung müsse mit den vielen lokalen Mächten zusammenarbeiten.
Jetzt aber hat Somalia seit einem Jahr einen international gelobten neuen Übergangspräsidenten, und schon konzentrieren sich Geber und Partner nur noch auf ihn und seine Regierung. Von Dezentralisierung und Dialog wird kaum noch gesprochen. Man wirft Geld auf Mogadischu und hofft, dass sich niemand darum streitet. Das ist nicht nur eine strukturelle Überförderung des jungen neuen Regierungswesens, sondern auch eine strategische Dummheit.
16 Sep 2013
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