taz.de -- Kommentar Pisa-Studie für Erwachsene: Vom Schock zum Schulterzucken
Wer in der Schule scheitert, kann das Versäumte später kaum nachholen. In Deutschland herrscht Gleichgültigkeit statt Gleichheit, dafür sorgt schon die Union.
Vor 12 Jahren löste die erste Pisa-Studie in Deutschland noch einen Schock aus. Sie belegte, was viele bereits geahnt hatten: Die deutsche Schule produziert viel zu viele Verlierer, der Aufstieg durch Bildung gelingt nirgendwo so selten wie hier. Das gleiche triste Bild zeigt sich auch im Erwachsenenleben: Wer in der Schule gescheitert ist, schafft es kaum, das Versäumte später nachzuholen. Das legen die Ergebnisse der ersten Pisa-Studie für Erwachsene offen. Doch diese erntet nur noch ein Schulterzucken.
Woran liegt das? Zum einen daran, dass immer neue Bildungsstudien, die diese Ungerechtigkeiten und Mittelmäßigkeiten im deutschen Bildungssystem dokumentierten, das Interesse abgestumpft haben. Zum anderen hat man sich an die Tatsache gewöhnt, dass es Menschen gibt, die gering qualifiziert sind und sich mit schlecht bezahlten Jobs durchschlagen. Routinemäßig ist von „Unterschicht“ die Rede, eine Kritik daran bleibt meist aus. Wir leben in einer Klassengesellschaft.
Der politische Wille, diese Ungerechtigkeiten in Bildung und Lebenschancen zu ändern, fehlt vor allem bei den CDU-Regierungen in Bund und Ländern. Wie sonst ist es erklärbar, dass sie beharrlich an der Auslese der Schüler nach Klasse 4 festhalten? Und dass so wenig passiert ist, seit vor zwei Jahren amtlich festgestellt wurde, dass in Deutschland 7,5 Millionen funktionale Analphabeten leben. Um etwas zu ändern, müssten Bund und Länder gemeinsame Ziele setzen und vereint Geld investieren.
Doch dazu muss zunächst das Grundgesetz geändert werden. Bisher zeigen die Christdemokraten an einem solchen Schritt keinerlei Interesse. Dass die Partei auch die neue alte Bildungsministerin stellen könnte, minimiert die Hoffnungen auf eine bessere Bildungsrepublik.
9 Oct 2013
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