taz.de -- Kommentar zur Pisa-Studie: Danke, Drei, weitermachen

Hurra, hurra, die Pisa-Studie ist da! Und Deutschland sieht gar nicht so schlecht aus. Die Mädchen-Problematik im Fach Mathematik aber bleibt.
Bild: Die Hauptstadt von Italien?

Die gerade erschienene Pisa-Studie verbreitetet einen Hauch von Vorweihnachtsfreude in den Stuben der deutschen Kultusminister: Deutschland hat in allen drei Disziplinen überdurchschnittlich abgeschnitten. Und liegt im Bereich der Mathematik, auf dem diesmal der Fokus der Pisa-Forschung lag, in einer Gruppe mit den gepriesenen Finnen. Es hat sich tatsächlich etwas bewegt in Deutschland in den letzten zwölf Jahren. Selbst die Ungerechtigkeiten im deutschen Bildungssystem sind nicht mehr so ausgeprägt wie noch vor einem Jahrzehnt.

Schaut man auf mögliche Ursachen, fallen zwei große Veränderungen ins Auge: Alle Bundesländer haben in den letzten Jahren begonnen, ihre als Restschulen geschmähten Hauptschulen zu schließen. Das Aussortieren von zehnjährigen Schülern, die es angeblich mehr in den Händen als im Kopf haben, ist politisch nicht mehr opportun. Neben den Gymnasien haben alle Länder Schulen eröffnet, die Kindern eine Vielzahl von Abschlüssen ermöglichen und sie nicht mehr sechs Jahre lang auf einen für sie geeigneten Schulweg reduzieren.

Gleichzeitig hat sich überall der Anteil der Kinder, die Gymnasien besuchen, erhöht. Über manches Gymnasium in Bochum oder Berlin-Neukölln würde ein altgedienter Oberstudienrat heute die Nase rümpfen. Die Gymnasien sind die beliebteste weiterführende Schulform, sie sind im Wortsinn die neuen "Haupt"-schulen.

Das deutsche Schulsystem ist integrativer geworden. Und das hat den Leistungen der Schüler offenbar nicht nur nicht geschadet, sondern sie haben sich im Gegenteil verbessert. Allen Beteuerungen von konservativen Politikern und Lehrerverbänden zum Trotz, die glaubten, nur strenge Auslese sichere die nötige Qualität.

Es mehren sich die Stimmen, dass jetzt mal Schluss sein muss mit den Pisa-Tests. Auf keinen Fall! Die Pisa-Studien haben eine Menge Schwächen aufgedeckt und positive Reformen angestoßen. Schülern würde man sagen: Da musst Du jetzt dranbleiben.

Denn trotz der positiven Trends bleibt eine Menge zu tun in Deutschland. Wir sind Weltmeister im Sitzenbleiben, es gibt riesige Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen im Lesen und in Mathe. Diese Hausaufgaben bleiben den Bildungspolitikern auch nach den Weihnachtsferien. Schule, das zeigt die aktuelle Pisa-Studie, muss noch mehr Kinder noch besser fördern.

3 Dec 2013

AUTOREN

Anna Lehmann

TAGS

Pisa-Studie
Bildung
Hauptschule
Gymnasium
Pisa-Studie
Pisa-Studie
Bildung
Pisa
Bremen
Pisa
Schule

ARTIKEL ZUM THEMA

Schweden stürzt im Pisa-Vergleich ab: Fahrerlaubnis als Lockmittel

In Schweden werden die Unterschiede zwischen guten und schlechten Schülern größer. Mitverantwortlich dafür könnte die freie Schulwahl sein.

Soziologin über Pisa-Studie: „Mädchen werden mehr gelobt“

Die Lehrerausbildung muss sich auch mit Genderfragen beschäftigen, fordert Ulrike Struwe. Außerdem muss der Matheunterricht praxisnäher werden.

Naturwissenschaftliches Lernen: Das schiefe Bild von Pisa

Am Dienstag wird die neue Pisa-Studie veröffentlicht. Doch viele Schulen gehen längst neue Wege. Der Vergleichstest gerät dabei oft zur Nebensache.

Mathedidaktiker über Pisa: „Schluss mit dem Geteste“

In einer Woche werden die Ergebnisse der fünften Pisa-Studie vorgestellt. Der Mathematikdidaktiker Wolfram Meyerhöfer hält die Tests für willkürlich und schädlich.

Bildungs-Länder-Vergleich: Weiterhin ganz am Ende

Bremens SchülerInnen liegen statistisch rund ein Schuljahr zurück. Im Länder-Ranking landet Bremen ganz hinten bei Mathe und den Naturwissenschaften.

Kommentar Pisa-Studie für Erwachsene: Vom Schock zum Schulterzucken

Wer in der Schule scheitert, kann das Versäumte später kaum nachholen. In Deutschland herrscht Gleichgültigkeit statt Gleichheit, dafür sorgt schon die Union.

Bildungsexperte über Pisa-Studie: „Eine beachtliche Zunahme"

Von wegen Leistungsabfall: Deutsche Schüler sind besser geworden – auch weil mehr von ihnen aufs Gymnasium gehen, sagt Forscher Eckhard Klieme.