taz.de -- Parlamentarische Selbstkontrolle: Kleines Leckerli

Kommt die große Koalition, wollen SPD und Union die Oppositionsrechte von Grünen und Linken stärken. In der Praxis wird das kaum Auswirkungen haben.
Bild: Eine grün-linke Opposition hätte 20 Prozent der Stimmen im Parlament - zu wenig, um wichtige Oppositionsrechte auszuüben.

FREIBURG taz | Union und SPD sind bereit, im Fall einer Großen Koalition die Rechte der Opposition zu stärken. Das berichtete die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Grüne und Linke sollen zusammen das Bundesverfassungsgericht anrufen oder auch einen Untersuchungsausschuss einsetzen können, obwohl sie nicht die derzeit erforderlichen 25 Prozent der Bundestagsabgeordneten in einer wahrscheinlichen grün-linken Opposition stellen würden.

Sollte die Große Koalition zustande kommen, hätten die Regierungsfraktionen gemeinsam rund 80 Prozent der Sitze im Bundestag, die Opposition zusammen nur 20 Prozent. Das ist zu wenig, um wichtige Oppositionsrechte ausüben zu können. Auch für Minderheitsrechte wie die Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht ist mindestens ein Viertel der Abgeordnetenstimmen erforderlich.

Für eine Absenkung dieser Schwellen gibt es drei Möglichkeiten: Entweder das Grundgesetz oder die Geschäftsordnung des Bundestags werden geändert. Oder die Mehrheitsfraktionen geben eine informelle Selbstverpflichtung ab, dass sie entsprechende Anträge der Opposition unterstützen werden. Das konkrete Vorgehen soll bei den Koalitionsverhandlungen beschlossen werden. Das Zugeständnis dürfte Union und SPD leicht fallen, denn in der Praxis wird die Stärkung der Oppositionsrechte nur wenig Auswirkungen haben.

Meistens klagen die Bürger selbst in Karlsruhe

So gehen am Bundesverfassungsgericht pro Jahr rund 6.000 Klagen ein, davon stammen aber nur ein oder zwei von der Opposition im Bundestag. Zwar stellt die Opposition vor fast jedem großen politischen Vorhaben der Regierung auch dessen Verfassungsmäßigkeit infrage. Doch nur selten geht die Opposition tatsächlich nach Karlsruhe. Manchmal klagen Länder gegen ein neues Gesetz, etwa Hamburg gegen das Betreuungsgeld. Meistens aber klagen betroffene Bürger oder Unternehmen. Die Gefahr, dass Karlsruhe bei einem umstrittenen Vorhaben nicht eingeschaltet wird, besteht also kaum.

Zudem: Wenn ein Skandal aufwühlt, könnte sich die Regierungsmehrheit der Forderung der Medienöffentlichkeit nach einem Untersuchungsausschuss kaum entziehen.

20 Oct 2013

AUTOREN

Christian Rath

TAGS

Schwarz-rote Koalition
oppositionsrechte
Bundesverfassungsgericht
Untersuchungsausschuss
Die Linke
oppositionsrechte
oppositionsrechte
Bundestag
Bundestag
CDU
Parteitag
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
SPD
Opposition

ARTIKEL ZUM THEMA

Linke scheitert vor Verfassungsgericht: Keine weiteren Rechte für Opposition

Grüne und Linke haben zu wenig Sitze im Bundestag, um bestimmte Minderheitsrechte wahrzunehmen. Eine Änderung des Grundgesetzes lehnt Karlsruhe ab.

Papier von Bundestagspräsident Lammert: Mehr Rechte für die Opposition

Bundestagspräsident Lammert schlägt vor, dass die Opposition Anhörungen und Ausschüsse erwirken kann. Der Linken geht das nicht weit genug.

Oppositionsrechte in der GroKo: „Absichtserklärungen reichen nicht“

Grüne und Linke müssen auch in Zukunft einen Untersuchungsausschuss einsetzen können. Das fordert die Verfassungsrechtlerin Pascale Cancik.

Bundestag konstituiert sich: Erste parlamentarische Übung

Erste Sitzung des neuen Bundestags, erster Streit: Gegen den Protest von Linken und Grüne setzten Union und SPD sechs Bundestagsvizepräsidenten durch.

Nach der Wahl: Neuer Bundestag kommt zusammen

Die Abgeordneten haben ihre erste Sitzung. Auch die Rechte der Opposition sind Thema, da sie für wichtige Kontrollmechanismen zu klein sein könnte.

Vor den Koalitionsverhandlungen: Bei der CDU sickert nichts durch

Die Verhandlungen zwischen CDU und SPD werden sich bis Dezember hinziehen. Zwölf Arbeitsgruppen sollen zeitgleich beraten. Inhaltlich bleibt die CDU vage.

Parteitag der Grünen: Programm Selbstvergewisserung

Der Parteitag der Grünen war in weiten Teilen ein Selbstfindungsseminar. Zu schmerzhaften Erkenntnissen dringt die Ökopartei nicht vor.

SPD für Koalitionsverhandlungen: Schwarz-Rot zu Weihnachten

Abschied von Rot-Grün: Der Konvent der Sozialdemokraten stimmt für Koalitionsgespräche mit der Union. Beim Programm zeigt man sich kompromissbereit.

SPD-Konvent für Koalitionsverhandlungen: Kleiner Parteitag, große Mehrheit

Die SPD kann die Koalitionsgespräche mit der Union starten. Nur 31 von 230 SPD-Delegierten stimmten gegen die Aufnahme von Verhandlungen.

Streit um Oppositionsrechte: Linke und Grüne sind zu klein

Bei einer großen Koalition hätte die Opposition zu wenig Sitze, um die Regierung zu kontrollieren. Eine niedrigere Quore könnten extremistische Parteien ausnutzen.