taz.de -- Aufklärung im MDR und SWR: Dr. Sommer TV
Wackelnde Penisse und Vaginas in Großaufnahme. Mit der Doku-Reihe „Make Love“ klären MDR und SWR ein wenig zu bemüht über Sex auf.
Recht unvermittelt spricht die Sexualtherapeutin Ann-Marlene Henning eine Frau im Café an: „Wie gut kennen sie eigentlich ihre Vagina?“, fragt sie. Umringt von einem Kamerateam und Assistenten antwortet die Frau zögerlich, druckst etwas von offener Erziehung.
Hennings direkte Art und das erzwungene Gespräch ist einem als Zuschauer unangenehm. In fünf Folgen „[1][Make Love – Liebe machen kann man lernen]“ spricht die Sexualtherapeutin über Erektionsstörungen, Sex als Single, Aufklärung von Jugendlichen und darüber, wie der Akt interessanter wird. Nach jeder Folge beantwortet sie Fragen in einer Spezialsendung im Radio.
Im ersten Teil der Reihe fühlt sich Protagonistin Jessica zu „dick, strubbelig, pickelig“, ihr Freund Oli sei nicht einfühlsam genug, sagt sie. Henning gibt Ratschläge für mehr Lust auf Sex: Beckenbodenübungen und die [2][//Prostata:Prostata der Frau] zu entdecken, sind die Tipps der Autorin, die zu dem Thema ein Buch geschrieben hat. Wackelnde Penisse und Vaginas in Großaufnahme visualisieren die Beckenbodenübungen auf dem Bildschirm.
Wozu das Ganze? Sex gibt es in der Werbung, auf jedem Computer und spätestens seit „Shades of Grey“ an jeder Bahnhofsbuchhandlung. Dank Bravo und Co ist die Gesellschaft schon seit Jahrzehnten aufgeklärt. Der Produzent der Sendung widerspricht. Sex finde als Thema zwar in der Gesellschaft statt, sagt Christian Beetz, aber zu Hause sei er oft ein Tabuthema.
Deutschland ist verklemmt
Deutschland sei trotz [3][sexueller Revolution] verklemmter als seine europäischen Nachbarn, sagt auch die Therapeutin, die selbst in Dänemark geboren wurde. Das habe historische Gründe. Unter den Nazis wurden Sexualforscher verfolgt, ihre Bücher verbrannt.
Trotz Ann-Marlene Hennings Bemühungen, unzulässige Verkürzungen und falsche Zusammenhänge zu vermeiden: Die Fälle sind komplexer, als es eine dreißigminütige Doku zeigen kann. Obwohl alle Situationen echt sind, wirkt die Sexualtherapeutin gekünstelt bemüht. [4][Oft spricht sie direkt in die Kamera], der gewünschte Effekt, nah am Zuschauer zu sein, wird dadurch aber nicht erreicht.
„Make Love“ funktioniert trotzdem: Es macht Spaß, anderen bei ihren Problemen mit dem Sex zuzusehen und dabei heimlich Tipps für sich selbst mitzunehmen. So albern die Sendung durch die betont lockere Art daherkommt, der Unterhaltungsfaktor ist groß.
3 Nov 2013
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