taz.de -- Überwachung von Autofahrern?: Friedrich ist scharf auf Mautdaten
Das Innenministerium will die Bewegungsprofile von Reisenden auswerten. Die Maut-Daten sollen Ermittlern bei der Verbrechensbekämpfung helfen.
BERLIN afp | Die Union will einem Medienbericht zufolge schon bald umfassende Bewegungsprofile von Reisenden auf deutschen Autobahnen erstellen lassen. Sicherheitsbehörden sollten nach Plänen des amtierenden Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) künftig auf [1][Millionen Datensätze] aus dem Mautsystem zugreifen können, berichtete Spiegel Online am Mittwoch. Dies gehe aus einem Forderungskatalog der Union für die Arbeitsgruppe Innen und Justiz in den Koalitionsverhandlungen hervor.
Demnach bemängeln CDU und CSU, dass die Maut-Daten des Betreiberkonsortiums Toll Collect bislang ausschließlich zur Bezahlung von Lkw-Autobahngebühren genutzt werden dürfen – und eine Weitergabe an andere Ämter strikt untersagt ist. „Damit haben Sicherheitsbehörden auch zur Aufklärung von Kapitalverbrechen oder zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben keinen Zugriff“, heißt es in dem 30-seitigen Verhandlungspapier, das Spiegel Online nach eigenem Bekunden vorliegt. Ziel sei deshalb die „Aufhebung der strengen Zweckbindung“.
Das Bundesinnenministerium bestätigte, dass die Maut-Forderung Teil der Unionsvorschläge für die Gespräche mit der SPD seien. „Für die Sicherheitsbehörden ist es wichtig, Verbrecher effektiv verfolgen zu können“, wurde ein Sprecher Friedrichs zitiert. Für diese Strafverfolgung sei moderne Informationstechnik dringend nötig, und der Zugriff auf Maut-Daten könne Ermittlungen erheblich beschleunigen.
Deutschlandweit werden laut dem Online Magazin an Maut-Kontrollpunkten auf 12.800 Kilometern Bundesautobahnen und 5.400 Abschnitten die Kontroll- und Fahrdaten von Millionen Fahrzeugen automatisch erfasst. Eine Überwachung durch die Behörden hatten der Gesetzgeber und die Betreiber des Toll-Collect-Systems bei dessen Einführung im Jahr 2005 demnach noch ausgeschlossen.
6 Nov 2013
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das Lkw-Mautsystem Toll-Collect wird doch nicht wieder privatisiert. Der Bundesregierung zufolge ist es 357 Millionen Euro günstiger, die Maut selbst einzutreiben.
Das Lieblingsprojekt der CSU kommt nicht voran. Peter Ramsauer mag kein „husch husch“. Also durfte die SPD nur Fragen stellen.
In der Innen-Arbeitsgruppe verhärten sich die Positionen zur doppelten Staatsbürgerschaft. Gut möglich, dass die Parteichefs selbst entscheiden müssen.
Während der laufenden Verhandlungen dringt eine brisante Wunschliste der Union an die Öffentlichkeit. So soll etwa der Zugriff auf Netzdaten erleichtert werden.
Überwachung der Mautsysteme, Zugang zu Telefondaten: Hauptsache Sicherheit, denkt sich die Union. Scheinbar hat sie aus der NSA-Debatte nichts gelernt.
Tescos Scanningpläne von Kundengesichtern schockieren. Doch das ist eine Idee aus der Steinzeit: Andere Unternehmen gehen noch viel weiter.
Auf die Autobahn nur noch mit Vignette: Daran arbeitet CSU-Verkehrsminister Ramsauer. Ein Blick auf die verschiedenen Modelle in Europa.
Öko-Maut, Massenentlassungen und Steuererhöhungen: Mehrere zehntausend Menschen gehen in der Bretagne gegen Pläne der französischen Regierung auf die Straße.
Die CSU-Rufe nach einer Maut tragen offenbar Früchte: Im Verkehrsministerium wird die Einführung einer Vignette geprüft. Doch in der Wirtschaft regt sich der Unmut.
Die CSU sieht sich nach einer Stellungnahme der EU-Kommission in ihrer Forderung nach einer Pkw-Maut bestätigt. Der mögliche Koalitionspartner sieht das anders.
Populist Seehofer will die Pkw-Maut für Ausländer. Ein Gewinnerthema bei den Koalitionsverhandlungen wird das sicher nicht – eher Verhandlungsmasse.