taz.de -- Filmstart „Eltern“: Katharsis im Schnelldurchlauf

Zunächst läuft in „Eltern“ alles gut in Sachen urbaner Vorzeigefamilie – bis der Vater in den Beruf zurückkehrt. Dann droht auch der Film zu überdrehen.
Bild: Diverse katastrophische Standardsituationen, dann wird alles wieder gut: Szene aus „Eltern“

Christine und Konrad leben mit den beiden Töchtern Käthe (10) und Emma (5) in einer patinös schönen Kreuzberger Altbauwohnung. Als Krankenhausärztin hegt Christine Hoffnung auf Beförderung. Konrad ist Hausmann, beim Kindergeburtstag der Star aller Kinder und Mütter, im Auto singt er mit den Töchtern, stirbt der Hamster, inszeniert er an der Baumscheibe eine poetische Beerdigung.

Alles läuft also prima in Sachen zeitgemäß urbaner Vorzeigefamilie: Die Mutter verdient das Geld, der Vater ist als Familienmanager alles andere als unglücklich, man achtet auf gute Lebensmittel und die gewissen Prise Unangepasstheit. Dann aber bekommt Konrad die Chance, wieder in seinen Beruf als Theaterregisseur einzusteigen. Ein Au-pair-Mädchen aus Argentinien wird angeheuert, man ist überzeugt, dass alles schon klappen wird. Tut es aber nicht.

Das Au-pair-Mädchen kann weder Küche noch Kinder und ist zudem noch unerwünscht schwanger. Konrad löst sich nur schwer aus seiner Superdaddy-Rolle und prallt unkonzentriert auf bockige Schauspieler. Christine dagegen schafft es nicht, in ihrem Job zu reduzieren.

Schon nach zwei Tagen hat sich die Familie in eine chaotische Gemengelage aus blank liegenden Nerven, Vorwürfen, Eifersüchten und fehlender nahrungstechnischer Grundversorgung aufgelöst. Der Film begleitet den Fortgang der Ereignisse über die folgende Woche. An deren Ende – Katharsis im Schnelldurchlauf! – rauft sich die Familie nach diversen katastrophischen Standardsituationen wieder zusammen.

Robert Thalheim macht in seinem vierten Spielfilm (nach „Netto“, „Am Ende kommen Touristen“ und „Westwind“) manches richtig und einiges falsch. Ein großes Plus sind Charly Hübner als Konrad und die beiden Kinderdarstellerinnen Paraschiva Dragus und Emilia Pieske. Vielen Szenen mit diesen dreien sieht man sehr gern zu, die Dialoge laufen organisch, die Interaktion ist wunderbar ungestellt.

Als Minus zu verbuchen sind sowohl die ewig ironisch-distanziert spielende Christiane Paul (Christine) als auch eine ganze Menge an überflüssigem Drama-Dekor: das konstant versagende und kotzende Au-pair-Mädchen. Die gleich doppelt vor Not in Tupperware pinkelnde Emma. Der auf dem Höhepunkt der Krise das ganze Bühnenbild zertrümmernde Konrad. Die nach der Abtreibung in Hamster-Reminiszenz beerdigten Ultraschallfotos des Au-pair-Embryos. Das alles ist immer eine Umdrehung zu viel für diese eigentlich schön zeitdiagnostisch angelegte Alltagsgeschichte.

14 Nov 2013

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Kirsten Riesselmann

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