taz.de -- Asyl für syrische Flüchtlinge: Hilfe nach Zahlen
Die Innenminister verständigten sich auf die Aufnahme 5000 weiterer Syrer. Die aktuelle Lage soll im Frühjahr noch einmal überprüft werden.
BERLIN taz/dpa | Auf ihrer Herbsttagung in Osnabrück haben die Innenminister des Bundes und der Länder über die Aufnahme von mehr Flüchtlingen diskutiert.
Dabei ging es zum einen um Syrien. Die Innenminister verständigten sich darauf, weitere 5000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. [1][Delegationskreise bestätigten eine entsprechende Meldung der Zeitung Die Welt]. Danach soll die Lage im Frühjar 2014 nochmals geprüft werden.
Bisher hatte Deutschland zur Aufnahme eines Kontingents von 5000 Flüchtlingen verpflichtet. Bedingung war eine Ausreise über den Libanon, die Kandidaten müssen ein kompliziertes Auswahlverfahren durchlaufen. Tatsächlich einreisen durften seit Mai erst etwa 1.300 SyrerInnen. Rund die Hälfte davon sind auf eigene Kosten eingereist, bislang ist also erst ein gutes Zehntel des Kontingents ausgeschöpft.
Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte sich für eine Aufstockung offen gezeigt. Hamburgs Innensenator Michael Neumann plädierte am Rand der Innenministerkonferenz (IMK) für eine Vervierfachung des Kontingents auf 20.000.
Elias Perabo von der Nichtregierungsorganisation Adopt a Revolution kritisierte die extrem langsame Bearbeitung der Anträge. Zudem würden Flüchtlinge, die in Lagern in der Türkei und Jordanien sitzen, nicht zum Zuge kommen. Auch junge Oppositionelle sollten stärker berücksichtig werden.
Pro Asyl und die Evangelische Kirche im Rheinland fordern, 100.000 Plätze bereitzustellen. In den Ländern rund um Syrien sind etwa zwei Millionen Kriegsflüchtlinge untergekommen, die humanitären Bedingungen sind oft katastrophal. Die Gesellschaft für bedrohte Völker appellierte an die IMK, die Familienzusammenführung in Deutschland lebender Syrer zu vereinfachen.
Aufnahme von Libyen-Flüchtlingen gefordert
Auf der Tagesordnung stand auch das sogenannte Resettlement, also die Ansiedlung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen. Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag angekündigt, „in Abstimmung mit den Ländern“ dem UN-Flüchtlingswerk hierfür in Zukunft deutlich mehr Plätze anzubieten. Derzeit stellt Deutschland 300 Plätze im Jahr bereit. Aktivisten des Netzwerks Afrique Europe Interact forderten in Osnabrück die Aufnahme der etwa 400 subsaharischen Flüchtlinge aus dem Libyenkrieg. Sie sitzen in dem Wüstenlager Choucha fest, aus dem sich alle Hilfsorganisationen vor Monaten zurückgezogen haben.
Neben der Flüchtlingsaufnahme diskutierten die Innenminister in Osnabrück auch über eine Reform des Verfassungsschutzes. Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) hatte sich für länderübergreifende Kompetenzzentren ausgesprochen. Baden-Württemberg stützte den Vorstoß. „Ich kann mir vorstellen, dass es mehr Sinn macht, zum Beispiel die islamistische Terrorbekämpfung zentral bearbeiten zu lassen“, sagte Innenminister Reinhold Gall (SPD).
Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz warnte vor dem Verlust örtlicher Erkenntnisse. „Ich bezweifle, dass eine große Megabehörde des Bundes Bedrohungen besser erkennen könnte als die Einrichtungen der Länder.“
5 Dec 2013
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Hunderttausende Syrer sind nach Jordanien geflüchtet. „Wir sind Flüchtlinge gewöhnt“, sagt Maria Haddad. Wie das Land die Herausforderung meistert.
Etwa 700.000 Syrer sind in die Türkei geflüchtet. Viele haben keinen Pass, keine Rechte, keine Perspektive. Deshalb wollen sie weiter.
Syrische Notleidende sind der UN halb so viel wert wie palästinensische. Das zeigt ein Zahlenvergleich. Die internationale Hilfe ist beschämend.
Die EU-Staaten nehmen viel zu wenige syrische Flüchtlinge auf, kritisiert Amnesty International. Bislang haben auch nur zehn Staaten Plätze angeboten.
Die Bundesregierung will die Asylverfahren beschleunigen. Dafür rekrutiert man sogar bei der Bundeswehr. Experten befürchten: mehr Eile, mehr Willkür.
Baschar al-Assads Gegner scheinen geschlagen. Von einer Massenbewegung und einer bevorstehenden Revolution kann keine Rede mehr sein.
Unklar ist, wer Razan Zaitnoueh in ihrem Büro verhaftet hat. Die Lage für die zivile Opposition wird auch durch die Strategie des Aushungerns noch schlimmer.
Die EU kennt nur eine Antwort auf die Flüchtlingsfrage: die Mauern der Festung verstärken. Jetzt wird das Problem auf die Türkei abgewälzt.
In der Vahr ziehen Flüchtlinge aus einer Turnhalle in Wohncontainer. Die Anwohner zeigen sich solidarisch, der Flüchtlingsrat kritisiert die Massenunterbringung.
Die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Syrien steht in Aussicht. Innenminister aus Bund und Ländern beraten am Mittwoch über eine Vergrößerung des Kontingents.
Die Staaten Europas schotten sich weiter ab. Mit dem Hightech-Grenzsystem Eurosur zur Flüchtlingsabwehr. Doch eine Festung ist nicht die Lösung.
Emad Hassan sagt, er würde in jedes Land gehen, das Sicherheit biete. Er kennt das Risiko einer Flucht, hat aber nichts mehr zu verlieren.