taz.de -- Kommentar EU-Visapolitik: Brutaler Deal

Die EU will Türken leichter einreisen lassen. Die Türkei kümmert sich dafür um die Flüchtlinge. Europa sollte sich für diese Abmachung schämen.
Bild: Außenminister Davutoglu und EU-Kommissarin Malmström bei der Unterzeichnung des Rücknahmeabkommens am Montag

Es gibt nichts Deprimierenderes als die Flüchtlingspolitik der EU. Da kann der Papst nach Lampedusa fahren, die ertrunkenen Flüchtlinge beklagen, anschließend zum Mann des Jahres gewählt werden, doch an der Situation der Flüchtlinge ändert sich nichts.

Statt endlich legale Einreisemöglichkeiten für Menschen aus Afrika oder Asien zu schaffen, wird die „Abwehr“ von Flüchtlingen immer weiter weg von den europäischen Grenzen organisiert, sodass ein „illegaler Grenzübertritt“ möglichst gar nicht mehr vorkommt. In dieser virtuellen, der eigentlichen EU-Grenze weit vorgelagerten Grenzmauer hat die EU gestern ein bis dahin großes Loch geschlossen.

Für [1][das Versprechen], türkischen Bürgern zukünftig die Einreise nach Europa zu erleichtern, hat die Regierung in Ankara sich jetzt verpflichtet, Flüchtlinge, die über ihr Staatsgebiet die EU – sprich Griechenland oder Bulgarien – erreicht haben, wieder zurückzunehmen. Damit es dazu möglichst gar nicht erst kommt, beginnt die Türkei jetzt schon die Grenzen im Osten, nach Georgien, zum Iran und Irak strenger zu kontrollieren, um quasi im Auftrag der EU Flüchtlinge dort abzufangen.

Ein Ausnahme machte die Türkei bei syrischen Flüchtlingen und ließ sie aus humanitären Gründen fast unbegrenzt ins Land. Im Auftrag der EU werden diese nun von der türkischen Polizei vor der griechischen Grenze abgefangen.

Deutschland will offiziell weitere 5.000 syrische Flüchtlinge aufnehmen und ist auch noch stolz darauf. In der Türkei leben schon fast eine Million Menschen aus dem zerstörten Land, von denen die Mutigsten verzweifelt versuchen, über Griechenland nach Zentraleuropa zu kommen. Die EU-Politiker sollten vor Scham im Boden versinken, dass sie die Türkei jetzt zwingen, das zu verhindern.

16 Dec 2013

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AUTOREN

Jürgen Gottschlich

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