taz.de -- Kommentar Repression in der Ukraine: Von Putin schnell gelernt
Staatschef Wiktor Janukowitsch lässt die Versammlungs- und Meinungsfreiheit drastisch einschränken. Die Proteste wird er damit nicht aufhalten.
Wiktor Janukowitsch hat endlich sein wahres Gesicht gezeigt. Wofür Russlands Präsident Wladimir Putin immerhin mehrere Jahre brauchte, das erledigt der ukrainische Staatschef handstreichartig: die Kriminalisierung eines jeden, der sich anmaßt, das herrschende Regime zu kritisieren.
[1][Die neuen Gesetze], die die Versammlungs- und Meinungsfreiheit massiv einschränken, sind nichts anderes als ein Kriegserklärung an die Opposition. Sie wiegen schwer – besonders, wenn man sich vergegenwärtigt, wo die Ukraine vor knapp zwei Monaten noch stand. Da hatte es wirklich den Anschein, dass die Führung des Landes es mit ihren Reformbemühungen ernst meinte und sich der Europäischen Union gegenüber öffnen wollte.
Jetzt müssen auch diejenigen, die trotz des gescheiterten Assoziierungsabkommens mit der EU noch ein Fünkchen Resthoffnung hatten, die bittere Wahrheit zur Kenntnis nehmen: Statt vorwärts nach Europa geht es unter Janukowitsch zurück in die sowjetische Vergangenheit.
Eine der entscheidenden Fragen wird jetzt sein, wie die Opposition auf die neue Kampfansage der politischen Führung reagieren wird. Die neuen Massenproteste am Sonntag in Kiew deuten darauf hin, dass sich der harte Kern nicht einschüchtern lässt und bereitwillig den Maidan räumt.
Das bringt das Regime unter Zugzwang, das neue Instrumentarium auch anzuwenden. Das bedeutet im schlimmsten Fall eine Wiederholung des weißrussischen Szenarios vom Dezember 2010. Damals ließ der Autokrat Alexander Lukaschenko Massenproteste gegen seine Wiederwahl gnadenlos zusammenknüppeln. Kann Janukowitsch – allen diktatorischen Anwandlungen zum Trotz – wirklich ein Interesse daran haben, bis zum Äußersten zu gehen? Wenn ja, wäre das eine Tragödie.
19 Jan 2014
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