taz.de -- Politische Krise in der Ukraine: Besetzer räumen Justizgebäude

Nachdem die Justizminsterin mit dem Notstand drohte, verließen Demonstranten die besetzte Behörde. Am Dienstag gibt es eine Sondersitzung im Parlament.
Bild: Das Ministerium haben die Besetzer verlassen, ihre Barrikaden bewachen sie.

KIEW/NEW YORK ap/dpa | Eine stundenlange Besetzung des Justizministeriums durch oppositionelle Demonstranten hat am Montag für weitere Spannung in der Ukraine gesorgt. Nach einer Drohung von Justizministerin Elena Lukasch, den Notstand zu verhängen, verließen die Besetzer am Nachmittag das in der Nacht gestürmte Gebäude. Davor bildeten sie aber eine Menschenkette, um weiter für den Rücktritt von Präsident Wiktor Janukowitsch und andere Zugeständnisse zu demonstrieren.

Lukasch hatte den Abzug der Besetzer verlangt, allerdings keine Frist dafür gesetzt. Außenminister Leonid Koschara versuchte anschließend, Befürchtungen einer von seiner Kollegin angedeuteten Eskalation des Vorgehens gegen die Protestbewegung entgegenzutreten. Eine Maßnahme wie der Notstand, der Beobachtern zufolge Straßenkämpfe in Kiew auslösen könnte, „liegt heute nicht auf dem Tisch“, sagte er. Demonstranten hielten am Montag noch drei weitere Regierungsgebäude im Herzen der Hauptstadt besetzt, darunter das Rathaus.

Nach Angaben der Verwaltung des Präsidenten soll Vitali Klitschko am Montagabend erneut zu einem Krisentreffen mit Janukowitsch zusammengekommen sein. An den Gesprächen im Präsidialamt in Kiew nahmen für die prowestlichen Regierungsgegner auch Ex-Parlamentschef Arseni Jazenjuk sowie Nationalistenführer Oleg Tjagnibok teil.Thema sei die Suche nach einer Lösung der Krise, so die Verwaltung. Über die geplante Dauer des Treffens war nichts bekannt.

Janukowitsch hatte nach blutigen Zusammenstößen in der vergangenen Woche mit vier Toten – darunter drei Demonstranten – am Wochenende bereits mit Oppositionsführern verhandelt und einem von ihnen, Jazenjuk, das Ministerpräsidentenamt angeboten. Jazenjuk lehnte nicht direkt ab, sagte aber, die Sondersitzung des Parlaments am (morgigen) Dienstag werde zum „Tag der Abrechnung“.

Lukasch sagte in einer vom Fernsehen übertragenen Erklärung, ihr Ministerium sei von „sogenannten Demonstranten“ besetzt worden, als ihre Beamten Maßnahmen wie eine Amnestie und eine Verfassungsänderung vorbereitet hätten, mit der die Rolle des Ministerpräsidenten wieder gestärkt werden sollte.

Es war am Montag nicht klar, ob bei der Parlamentssitzung am Dienstag Verfassungsänderungen auf die Tagesordnung kommen. Die Stärkung der Rolle des Ministerpräsidenten gegenüber dem Präsidenten gilt als eine mögliche Kompromisslinie.

Doch schon am Wochenende hatte es auch harsche Töne von Regierungsseite gegeben. Innenminister Witali Sacharenko sagte, Demonstranten, die Gebäude besetzten, würden als Extremisten betrachtet, gegen die nötigenfalls Gewalt eingesetzt werde.

Desweiteren hat sich UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erneut sehr besorgt über die gewaltsamen Ausschreitungen bei den Demonstrationen in der Ukraine gezeigt. Das habe er bei einem Telefonat auch dem Staatschef Janukowitsch mitgeteilt, sagte Ban am Montag nach einer von den Vereinten Nationen in New York verbreiteten Mitteilung. Er verfolge die Situation sehr genau, sagte Ban. Er habe Janukowitsch dazu aufgerufen, den Weg hin zu einem konstruktiven Dialog zu leiten, um die Krise friedlich und per Kompromiss zu lösen.

27 Jan 2014

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