taz.de -- Angst um Vielfalt auf Acker und Teller: EU-Saatgutreform vor dem Aus

Der Agrarausschuss des EU-Parlaments lässt den Verordnungsentwurf der Kommission durchfallen. Eine Niederlage für Konzerne wie Monsanto?
Bild: Immer mehr Pflanzen von immer weniger Unternehmen: Gegner der Reform warnen vor Monopolen.

BERLIN taz | Die von Agraraktivisten heftig bekämpften Pläne der EU-Kommission für ein neues [1][Saatgutrecht] stehen vor dem Aus. Am Dienstag lehnte der federführende Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments den kompletten Entwurf ab.

„Da auch die beiden großen Fraktionen das mittragen, ist es wahrscheinlich, dass auch das Plenum dem Ausschuss folgen wird“, sagte der agrarspolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling, der taz. „Das ist ein großer Erfolg.“

Die erwartete Novelle hatte Massenproteste im Internet ausgelöst. Hunderttausende unterschrieben Petitionen gegen die Reform, weil sie die Vielfalt des Lebensmittelangebots reduzieren könne.

Die neuen Regeln nützten Chemieunternehmen wie Monsanto oder Bayer, die den Markt für Saatgut bereits schon dominierten. [2][Biozüchter] kritisierten unter anderem, dass Ausnahmeregeln wegfallen sollen, die ihnen bisher die Zulassung ihrer Sorten erleichtern.

Kritik an Zentralisierung

Abgeordnete im Agrarausschuss bemängelten bei ihrer Sitzung am Dienstag in Brüssel vor allem, dass die EU-Kommission den Mitgliedstaaten keinen Spielraum mehr bei der Umsetzung der europäischen Saatgutgesetze einräumen wolle.

Denn bislang ist das Thema in zwölf Richtlinien geregelt, die jeder Staat in eigenes Recht gießt. Die Kommission will all das in einer Verordnung zusammenfassen, die direkt gilt. Zudem verlangt die Behörde die Vollmacht, Details etwa für Nischensorten fast ohne Mitsprache des Parlaments regulieren zu können.

Selbst der agrarpolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion, Albert Deß (CSU), erklärte, er wolle im Europawahlkampf nicht für solche Regelungen geradestehen, die er nicht verantworten könne. Der Bayer sieht auch „keinen akuten Handlungsbedarf“ für eine Reform. Bisher habe es wenig Beschwerden gegen das bestehende Saatgutrecht gegeben.

12 Feb 2014

LINKS

[1] /!115852/
[2] /!115852/

AUTOREN

Jost Maurin

TAGS

Saatgut
Schwerpunkt Monsanto
BASF
Schwerpunkt Bayer AG
EU
Agrarpolitik
Ernährung
Lebensmittel
Landwirtschaft
Bio
EU-Kommission
EU-Parlament
EU-Kommission
Gen-Food
Saatgut
Saatgut
Saatgut

ARTIKEL ZUM THEMA

Neue Saatgut-Regeln abgelehnt: Zu enge Vorgaben aus Brüssel

Die EU-Kommission erleidet mit ihrer neuen Saatgut-Zulassung eine Schlappe. Parteiübergreifend fürchten die Europaparlamentarier zu viele Vorgaben aus Brüssel.

Weniger Vielfalt bei Obst und Gemüse-Sorten: Arme Landwirtschaft

In deutschen Supermärkten dominieren wenige Obst- und Gemüsesorten. Lokale Produkte werden zunehmend verdrängt.

Weltmarkt für Saatgut: Die Macht über den Samen

Immer weniger Züchter haben einen steigenden Marktanteil: Aktivisten fürchten um die Vielfalt auf dem Acker – und auf dem Teller.

Neues Saatgutrecht der EU: Die Ausnahmeregelung ist gestrichen

Biolandwirte befürchten, dass sie gegenüber internationalen Konzernen benachteiligt werden. Auch werde die Monopolisierung des Saatgut zunehmen.

EU-Reform des Saatgutrechts: Fehlalarm bei Facebook

Eine Falschmeldung über die EU-Reform des Saatgutrechts wird tausendfach verbreitet – und löst Empörung aus. Das nutzt die Agrarministerin.