taz.de -- Islamisten in Nigeria: Dorfbewohner massakriert

106 Menschen starben, als militante Islamisten am Samstag einen von Christen bewohnten Ort überfielen. Die Angreifer sollen der Gruppe Boko Haram angehören.
Bild: Boko Haram verbreitet Angst und Schrecken im Norden Nigerias: Am 3. Februar attackierten sie diese Polizeistation in der Stadt Soro

KANO afp | Islamisten haben im Nordosten Nigerias offenbar mehr als hundert Zivilisten massakriert. Wie der örtliche Senator Ali Ndume am Sonntag sagte, töteten die mutmaßlichen Mitglieder der Gruppe Boko Haram 106 Menschen. Der Angriff ereignete sich am Samstagabend in dem überwiegend von Christen bewohnten Dorf Izghe im Bundesstaat Borno, wo bereits hunderte Zivilisten aus Angst vor Angriffen geflohen waren.

Nach seinen Informationen seien 106 Menschen, darunter eine alte Frau, bei dem Angriff getötet worden, sagte Ndume am Sonntag. „Die Angriffe werden jeden Tag häufiger und brutaler.“

Ein Armeesprecher im Bundesstaat Borno, Mohammed Dole, bestätigte den Angriff. Er wollte aber keine Details nennen. Dole verwies darauf, dass in der Gegend eine internationale Truppe die juristische Gewalt habe. Der Task Force gehören Soldaten aus Nigeria sowie den Nachbarländern Tschad und Niger an.

Zuvor hatte der örtliche Behördenvertreter Maina Ulamaru von mehr als 60 Toten gesprochen. Er machte für den Angriff Kämpfer der Gruppe Boko Haram verantwortlich, die für einen islamischen Staat im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias kämpft. Die Angreifer hätten auch Geschäfte und Lebensmittelläden geplündert, sagte Ulamaru. Die Waren hätten sie in Autos der Dorfbewohner mitgenommen, dann seien sie geflohen.

40 Minuten lang auf dem Bauch gekrochen

Ein Bauer aus dem Dorf berichtete, er sei dem Massaker knapp entkommen. Er sei über den Zaun seines Hauses geklettert und 40 Minuten lang auf dem Bauch gekrochen. Die Bewaffneten seien von Haus zu Haus gegangen, um Menschen in Verstecken zu finden. „Die Angreifer kamen gegen 21.30 Uhr in sechs Lastwagen, einige auf Motorrädern“, berichtete der Mann. „Sie trugen Militäruniformen. Sie befahlen den Männern, sich an einem Punkt zu versammeln. Dort haben sie angefangen, sie zu massakrieren.“ Nach Angaben des Dorfbewohners waren zum Zeitpunkt des Angriffs keine Sicherheitskräfte in dem Ort.

Laut Ulamaru verloren hunderte Dorfbewohner durch den Angriff ihr Haus. Der Behördenvertreter, der sich gerade in der nigerianischen Hauptstadt Abuja aufhielt, wollte sich nach eigenen Angaben in die Hauptstadt des Bundesstaates, Maiduguri, begeben. Dort wolle er die Möglichkeiten humanitärer Hilfen und die Verbesserung der Sicherheit erörtern.

Aus Angst vor Massakern der Boko Haram hatten sich am Samstag bereits hunderte Menschen in Sicherheit gebracht. Zuvor waren bei zwei Angriffen insgesamt 43 Menschen getötet worden.

Nach Angaben des Armeesprechers Dole gab es am Samstag zudem einen Angriff auf ein Fischerdorf am Tschadsee. Einem Augenzeugen zufolge eröffneten Angreifer das Feuer, woraufhin Dorfbewohner in den See flohen und ertranken seien. Eine Opferzahl war zunächst nicht bekannt.

Seit dem Jahr 2009 wurden bei Angriffen der Boko Haram tausende Menschen getötet. Der Bundesstaat Borno ist eine Hochburg der Gruppe, die gezielt Christen angreift. Seit Mai 2013 gilt in Borno der Ausnahmezustand. Nigerias Präsident Goodluck Jonathan hatte sich unzufrieden mit den ausbleibenden Erfolgen im Kampf gegen Boko Haram geäußert und im Januar mehrere Armeechefs entlassen. In einem Jahr finden in dem ölreichen westafrikanischen Land Präsidentschaftswahlen statt.

17 Feb 2014

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