taz.de -- Rücktritt von Oppermann gefordert: Die CSU verhält sich „kindisch“

In der Edathy-Affäre erhöht die CSU den Druck auf den SPD-Fraktionsvorsitzenden Oppermann. Edathy hat derweil Beschwerde gegen die Staatsanwaltschaft eingereicht.
Bild: Enthüller: Thomas Oppermann.

MÜNCHEN/HANNOVER/BERLIN afp/dpa/rtr | Die CSU erhöht in der Koalitionskrise um den Fall Edathy den Druck auf die SPD und deren Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann. Generalsekretär Andreas Scheuer sagte am Montag vor einer CSU-Präsidiumssitzung in München, ein Fraktionschef müsse ein Stabilitätsanker sein. „Das ist Herr Oppermann nicht mehr.“ Er hielt Oppermann vor, durch „Widersprüche“ und durch „Wichtigtuerei“ die große Koalition „in eine schwere Krise gestürzt“ zu haben. Die CSU sehe bei ihm die politische Verantwortung dafür.

SPD-Vize Ralf Stegner hingegen sieht keinen Grund für einen Rücktritt Oppermanns: „Dass es Unmut bei der Union gibt, kann man nachvollziehen“, sagte Stegner der Deutschen Presse-Agentur am Montag in Berlin. Aber das berechtige nicht zu Forderungen nach personellen Konsequenzen bei der SPD. „Die SPD-Spitze hat sich korrekt verhalten. Die Wahrheit nicht zu sagen, war keine Option“, sagte Stegner. Vorstandsmitglied und Fraktionsvize Elke Ferner nannte am Rande einer Vorstandssitzung die CSU-Forderungen „kindisch“.

Derweil wurde das für Dienstag geplante Treffen des Koalitionsausschusses abgesagt. „Es wird keinen Koalitionsausschuss geben“, sagte CSU-Parteichef Horst Seehofer am Montagmorgen in München. Stattdessen würden sich „die drei Parteivorsitzenden unterhalten“. Zwischen ihm, CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel müsse über Fragen der vertraulichen Zusammenarbeit gesprochen werden. "Wir müssen morgen einfach darüber reden, wie man sich die Zusammenarbeit vorstellt", sagte Seehofer.

Dem Koalitionsausschuss gehören die Spitzen der Regierungsparteien an, unter anderem auch die Fraktionschefs. Damit hätte auch SPD-Fraktionschef Oppermann an der Runde teilgenommen.

Anstiftung zum Verrat

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hat Strafanzeige gegen Oppermann sowie gegen BKA-Chef Jörg Ziercke angekündigt. Dass Oppermann Ziercke angerufen habe, um ihm Informationen zum Fall Edathy zu bestätigen, sei Anstiftung zum Verrat von Dienstgeheimnissen, sagte Kubicki am Montag der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin. Zudem dürften Amtsträger, die von privaten Dingen erführen, diese nicht einfach weitergeben. Gegen Ziercke müsse wegen des Geheimnisverrats ermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden prüft nach Eingang einer Anzeige bereits, ob sie gegen den BKA-Chef Ermittlungen einleitet.

Er werde spätestens am Dienstag eine "saubere Strafanzeige" vorlegen, kündigte Kubicki an, der sich auch als Strafverteidiger einen Namen gemacht hat. „Wenn die Menschen das Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit des Rechtsstaates verlieren, dann werden die tragenden Säulen unseres demokratischen Gemeinwesens zerstört“ der FDP-Politiker. Die Selbstverständlichkeit, mit der Oppermann an Ziercke herangetreten sei, mache ihn fassungslos. Oppermann habe die Anstiftung zum Verrat von Dienstgeheimnissen selbst vergangene Woche in seiner Erklärung eingeräumt. Für das Verhalten gebe es keine Entschuldigung.

Die Staatsanwaltschaften in Berlin und Hannover prüfen nach eigenen Angaben zudem auch aus eigenen Stücken Anzeigen wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen, unter anderen gegen den ehemaligen Innenminister Hans-Peter Friedrich.

Schwere Ermittlungsfehler

Die Strafrechtlerin Monika Frommel hat der Staatsanwaltschaft Hannover schwere Fehler bei den Ermittlungen gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen. „Man sollte den Verdacht der Verfolgung Unschuldiger prüfen“, sagte die emeritierte Strafrechtsprofessorin am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Die Staatsanwaltschaft habe „sehr fahrlässig“ bejaht, dass es einen Anfangsverdacht gegen Edathy gebe.

„Es gibt keinen Grenzfall. Wenn das ein Grenzfall ist, dann hat die Staatsanwaltschaft das Verfahren gefälligst einzustellen“, sagte die Juristin. „Oder sie hat es soweit zu klären, dass es ein klarer Fall ist.“ Dies sei den Ermittler aber nicht gelungen. „Außerdem hat die Staatsanwaltschaft den Verdacht hinausposaunt und eine Presseerklärung abgegeben. Das finde ich unglaublich“, kritisierte Frommel, die bis zu ihrer Emeritierung 2011 Direktorin des Instituts für Sanktionenrecht und Kriminologie an der Uni Kiel war.

Edathy hat mittlerweile beim niedersächsischen Justizministerium Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Staatsanwaltschaft Hannover eingelegt. Ein Sprecher des Ministeriums bestätigte am Montag den Eingang des Schreibens von Edathys Rechtsanwalt Christian Noll. Darin heißt es unter anderem, die Staatsanwaltschaft habe „bewusst unrichtig“ über das Verfahren gegen Edathy im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert. So sei nicht erwähnt worden, dass das BKA und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt vor Beginn des Verfahrens in Hannover erklärt hätten, die von Edathy bestellten Bilder seien strafrechtlich nicht relevant.

17 Feb 2014

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