taz.de -- Kommentar Kinderpornografie und BKA: Ziercke kann bleiben

Es wäre clever gewesen, hätte der BKA-Chef den Bundestag über den Fall in seiner Behörde unterrichtet. Falsch gemacht hat er aber nichts.
Bild: Muss sich erklären: BKA-Präsident Jörg Ziercke.

Sobald es um Kinderpornografie geht, scheinen alle Maßstäbe verloren. Die Grünen fordern jetzt den Rücktritt von BKA-Chef Jörg Ziercke, weil er dem Bundestag einen Kinderporno-Fall in der eigenen Behörde „verschwiegen“ habe. Er hat aber – soweit ersichtlich – weder den BKA-Mann geschützt noch den Bundestag belogen noch das Verfahren gegen Edathy verzögert.

Das BKA hat den eigenen Mitarbeiter im Januar 2012 auf der Kundenliste eines Kinderporno-Lieferanten entdeckt. Danach wurde sofort ermittelt. Nachdem sich der Verdacht erhärtete, wurde der Beamte aus dem Dienst entfernt. Ein Strafbefehl erging, den der Mann akzeptierte. Es gab also wohl keine strafrechtliche Sonderbehandlung für den BKA-Mann.

Es wäre clever gewesen, wenn Ziercke den Vorfall bei seiner Befragung im Bundestagsinnenausschuss zumindest erwähnt hätte. Man kann aber verstehen, dass er angesichts der schnell existenzvernichtenden Aufgeregtheit bei diesem Thema hierauf verzichtet hat. Ziercke hat den Bundestag wohl auch nicht belogen, denn er wurde nach anderen Politikern und bekannten Namen auf der kanadischen Liste gefragt. Der BKA-Mann war zwar ein hoher Beamter, aber wohl kein bekannter Name.

Dass das Verfahren schnell erledigt wurde, während der Fall Edathy liegen blieb, macht auch Sinn. Der Beamte hat strafbares Material bestellt. Edathy nicht. Edathy wurde behandelt wie die anderen Besteller nicht eindeutig strafbarer Bilder auch. Nichts anderes sollte man vom BKA erwarten (ganz unabhängig davon, ob der Name Edathy nun frühzeitig erkannt wurde oder nicht). Ein Grund für einen Rücktritt Zierckes liegt nicht vor. Angebracht ist allenfalls ein Untersuchungsausschuss des Bundestags, der die umstrittenen Vorgänge hoffentlich nüchtern aufarbeitet.

2 Mar 2014

AUTOREN

Christian Rath

TAGS

Bundeskriminalamt
Jörg Ziercke
Kinderpornografie
Sebastian Edathy
BKA
Katrin Göring-Eckardt
Sebastian Edathy
Untersuchungsausschuss
Ermittlungen
Sebastian Edathy
Sebastian Edathy
SPD
Sebastian Edathy

ARTIKEL ZUM THEMA

BKA-Chef Ziercke in der Kritik: Wenn die Affäre zum Fall wird

Die Version des Bundeskriminalamtes zum Fall Edathy ist widersprüchchlich. Für den Chef Jörg Ziercke wird die Geschichte zunehmend zum Problem.

Katrin Göring-Eckardt über Edathy-Affäre: „Das wird keine Talkshow“

BKA-Chef Jörg Ziercke lügt, sagt Katrin Göring-Eckardt. Was sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen jetzt von einem Untersuchungsausschuss erhofft.

Kommentar Edathy-Affäre: Einfach mal die Klappe halten

Sebastian Edathy schweigt. Auf Facebook hingegen schärft er sein Profil als Opfer der Justiz. Reflektiertheit hingegen lässt er vermissen.

Weitere Schritte in der Affäre Edathy: Die Opposition erhöht den Druck

Linke und Grüne fordern einen Untersuchungsaus- schuss, die Koalition versperrt sich nicht. Doch was soll das Gremium bringen?

Kinderpornografie-Affäre um Edathy: Schwarz-Rot will Ziercke behalten

Die Opposition fordert den Rücktritt des BKA-Chefs, weil er Ermittlungen in den eigenen Reihen nicht öffentlich gemacht hatte. Doch die Koalition hält an ihm fest.

BKA-Mann und Kinderpornografie: Herr Ziercke unter Druck

Sebastian Edathy war nicht der einzige prominentere Kunde des Bilderversands aus Übersee. Die Ermittler entdeckten auch einen eigenen Kollegen.

Der Fall Edathy: Vorerst kein Untersuchungsausschuss

Und noch eine Sondersitzung: Am Freitag wird der Bundestag erneut zur Edathy-Affäre tagen. Mehr will die Opposition vorerst nicht.

Ermittlungen gegen Edathy: Ein Geheimnis mit vielen Trägern

Es ist keineswegs zwingend, dass die SPD-Spitze den ehemaligen Abgeordneten vor den Ermittlungen gewarnt hat. Viele Stellen wussten davon.

Innenausschuss nach Edathy-Affäre: Ziercke boxt sich zurück

Er stand vor dem Rücktritt. Im Innenausschuss aber kämpft sich BKA-Chef Ziercke frei. Zurück bleibt eine kleinlaute Opposition.