taz.de -- Israels Verteidigungsminister droht Iran: Militärischer Alleingang möglich

Mosche Jaalon glaubt, dass sich der Westen in den Atomgesprächen vom Iran vorführen lässt. Israelische Militärschläge gegen iranische AKWs seien eine Option.
Bild: Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon auf der Sicherheitskonferenz in München im Februar

JERUSALEM/WIEN afp/dpa | Der israelische Verteidigungsminister erwägt laut einem Pressebericht neuerdings einen Luftangriff auf iranische Atomanlagen im Alleingang. Mosche Jaalon habe seine Haltung in dieser Frage wegen des Verlaufs der Verhandlungen der Großmächte mit Teheran über dessen Nuklearprogramm geändert, berichtete am Dienstag die linksliberale israelische Tageszeitung Haaretz. Sie berief sich dabei auf Äußerungen Jaalons bei einem Vortrag am Montag an der Universität von Tel Aviv.

„Wir waren der Ansicht, die Vereinigten Staaten sollten die Führung bei militärischen Aktionen gegen den Iran übernehmen. Aber irgendwann haben sich die USA auf Verhandlungen mit ihnen eingelassen. Und leider ist es so, dass die Iraner besser waren, als es ums Feilschen auf einem persischen Basar ging“, wird der Minister in der Titelgeschichte der Zeitung zitiert. Obwohl jeder wisse, dass Iran „mogelt“, habe es der Westen „vorgezogen, die Konfrontation aufzuschieben, möglichst bis nächstes Jahr oder für den nächsten Präsidenten der USA“.

Weiter sagte Jaalon demnach: „Deshalb müssen wir unser Verhalten in dieser Angelegenheit daran ausrichten, dass niemand auf uns aufpasst außer wir selbst.“ Damit schwenkte der Verteidigungsminister auf die Linie von Regierungschef Benjamin Netanjahu ein, der wiederholt einen militärischen Alleingang Israels gegen Iran als Option genannt hat. Jaalon, ein Falke im Nahostfriedensprozess, hatte in der Iranfrage in den vergangenen Jahren eine eher gemäßigte Haltung eingenommen. Israel und der Westen sind überzeugt, dass Teheran den Besitz von Atomwaffen anstrebt.

Haaretz führte die geänderte Haltung des Ministers auch auf die Erfahrungen in der Krimkrise zurück. Jaalon beschuldigte Washington demnach in seinem Vortrag, in der Konfrontation mit Moskau über die Entwicklungen in der Ukraine „Schwäche demonstriert“ zu haben. „Wenn Du ein klägliches Bild abgibst, hast Du in der Welt nichts zu sagen. Ich hoffe, die Vereinigten Staaten kommen zu Sinnen. Wenn nicht, wird das die Weltordnung ins Wanken bringen, und die USA sind diejenigen, die darunter leiden werden“, wird Jaalon zitiert.

Atom-Verhandlungen fortgesetzt

Die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sind am Dienstag in Wien fortgesetzt worden. Die Unterhändler beider Seiten wollen weitere Hindernisse auf dem Weg zu einer umfassenden Lösung des Streits ausräumen. Ein entsprechendes Abkommen zwischen dem Iran und den fünf UN-Vetomächten (USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich) sowie Deutschland soll bis Juli verhandelt sein. Teheran strebt eine Aufhebung der Wirtschaftssanktionen an, muss dafür aber den friedlichen Charakter seines Atomprogramms garantieren.

Unklar ist, ob die aktuellen Spannungen mit Russland im Ukraine-Konflikt die Iran-Verhandlungen beeinflussen werden. Einen diplomatischen Missklang gab es zum informellen Auftakt am Montagabend. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte ein Abendessen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton ab. Nach Angaben iranischer Medien erfolgte dies aus Protest gegen das Treffen Ashtons mit Dissidentinnen während ihres Besuchs in Teheran in der vergangenen Woche. Das Treffen der beiden Politiker wurde am Dienstag unmittelbar vor Beginn der Sitzung nachgeholt.

18 Mar 2014

TAGS

USA
Israel
Schwerpunkt Iran
Atomverhandlungen
Atomgespräche
Benjamin Netanjahu
Israel
IAEA
Schwerpunkt Iran
USA
Israel
IAEA
Israel
Schwerpunkt Iran
Genf
USA

ARTIKEL ZUM THEMA

Netanjahus Warnung vor Iran: Atomgefahr aufgebauscht

Israels Ministerpräsident hat bei seinem UN-Auftritt die iranischen Atomgefahr übertrieben dargestellt. Das geht aus einem Mossad-Bericht hervor.

Verhandlungen über Irans Atomprogramm: Die Vorzeichen sind günstig

Geht der Atomstreit mit dem Iran einem guten Ende entgegen? In Wien sollen ab Dienstag Lösungen gefunden werden.

Iranisches Atomprogramm: Teheran hält sich an Abkommen

Der Iran ist den Forderungen der internationalen Gemeinschaft weitgehend nachgekommen und hat sein hochradioaktives Material stark reduziert.

USA streiten mit Teheran: Iran hält an UN-Botschafter fest

Die USA glauben, der neue UN-Botschafter des Iran war bei dem Sturm auf die US-Botschaft in Teheran 1979 dabei. Hamid Abutalebi sagt, er sei nur Übersetzer gewesen.

US-Handelsembargo gegen den Iran: Boeing darf liefern

Das Abkommen zum iranischen Atomprogramm hat erste Konsequenzen: Boeing erhält von der US-Regierung die Erlaubnis, für kurze Zeit Flugzeugteile in das Land zu liefern.

Israelischer Ex-General: „Die Chancen gehen gegen null“

Der israelische Experte Schlomo Brom erörtert Optionen bei einem Scheitern der Kerry-Initiative: vom Status quo bis zum einseitigen Abzug aus dem Westjordanland.

Atomwaffenprogramm im Iran: Sieben konkrete Schritte

Die Internationale Atombehörde und Iran vereinbaren bei Atomgesprächen weitere Kontrollen. Ein neuer Fahrplan wird beschlossen.

Reaktion auf Einigung im Atomstreit: Historischer Fehler – findet Israel

Israel glaubt nicht daran, dass der Iran sein Atomprogramm vorerst auf Eis legt. Benjamin Netanjahu kritisiert die erzielte Einigung scharf.

Atomgespräche mit dem Iran: Eine „reale Chance“ für Einigung

Mit dem Eintreffen des russischen Außenministers kommt Bewegung in die Atomverhandlungen. Denkbar ist eine Einigung auf eine sechsmonatige Zwischenlösung.

Atomgespräche mit dem Iran: Wie viel Sanktion darf's sein?

Vor der neuen Gesprächsrunde positionieren sich die Unterhändler. Cameron fordert Transparenz, Obama will mit Strafmaßnahmen warten, Netanjahu warnt.

Vor Atomgesprächen mit Iran: USA versuchen Israel zu beruhigen

Mit Spannung wird die nächste Runde der Atomgespräche erwartet. Putin gibt sich optimistisch, Obama hat Probleme. Und Israel schaut mit Missbehagen zu.