taz.de -- EU-Politiker Schulz kritisiert Türkei: Gemeinschaft nur mit Gezwitscher
SPD-Politiker Schulz und die USA kritisieren Ministerpräsident Erdogan für die Sperrung von Twitter. Dessen Regierung führt Gespräche mit dem Dienst.
BERLIN/ANKARA/WASHINGTON afp/ap/rtr | Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), sieht die Sperrung von Twitter in der Türkei als Problem für die Beitrittsgespräche des Landes mit der EU. „Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind nicht verhandelbar“, sagte Schulz der Passauer Neuen Presse vom Samstag.
Jedes Land, das der EU beitreten wolle, müsse beides garantieren. „Hier gibt es keine Kompromisse“, sagte Schulz und ergänzte: „Wir haben leider in den vergangenen Monaten in einigen Bereichen Rückschritte in der Türkei zur Kenntnis nehmen müssen.“
Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Zugang zu Twitter in der Türkei in der Nacht zum Freitag sperren lassen. Offiziell begründet wurde dies mit der Weigerung des Unternehmens, von türkischen Gerichten beanstandete Beiträge zu löschen. Hintergrund sind anhaltende Korruptionsvorwürfe gegen Erdogan und seine Regierung. Viele dieser Vorwürfe wurden per Twitter verbreitet. Erdogan hat die Vorwürfe als erfunden zurückgewiesen und sieht darin ein Komplott des einflussreichen Geistlichen Fethullah Gülen, um seiner Partei vor den Kommunalwahlen am 30. März zu schaden. Der Ministerpräsident hat die Abstimmung zu einem Referendum über seine Regierung hochstilisiert.
Die USA haben die türkische Regierung aufgefordert, die Sperrung aufzuheben. Die Blockade unterbreche den Informationsfluss und stehe den Prinzipien einer offenen Regierungsführung entgegen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Garner, am Freitag. Die USA hätten der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ihre „ernste Sorge“ übermittelt.
Viele türkische Internetnutzer hatte aber mit technischen Kniffen die von der Telekommunikationsbehörde verhängte Twitter-Sperrung umgangen. Industrieminister Fikri Isik teilte mit, es liefen Gespräche mit Twitter. Die Sperrung könne aufgehoben werden, sobald das in San Francisco ansässige Unternehmen einen Vertreter in der Türkei benannt habe und zustimme, bestimmte Inhalte zu unterbinden, wenn türkische Gerichte dies verlangten.
Präsident Gül erklärte, nach einem Gerichtsentscheid dürften nur einzelne Internetseiten blockiert werden, wenn diese den Datenschutz verletzten. Er hoffe, dass die derzeitige Sperrung nicht lange andauern werde, schrieb er an die Adresse Erdogans.
22 Mar 2014
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Silvio Berlusconi hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz mit einem KZ-Wächter verglichen. Fünf-Sterne-Chef Beppe Grillo sieht das offenbar ähnlich.
Für Deutsche hätten Konzentrationslager nie existiert, sagte Berlusconi, und teilte gegen SPE-Spitzenkandidat Martin Schulz aus. Führende Sozialdemokraten schäumen.
Für viele liegt das Parlament in Straßburg und Brüssel weit, weit weg. Daran will Joachim Schuster etwas ändern – wenn er als SPD-Kandidat ein Mandat erringt.
Die türkische Webseite Ekşi Sözlük ist eines der ältesten sozialen Netzwerke der Welt. Für die Gezi-Proteste war sie wichtig. Aber auch AKP-Fans mischen mit.
Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan hat Twitter zum Staatsfeind erklärt. Ein Gericht hat jetzt die Aufhebung der verhängten Sperre angeordnet.
Ob der Ministerpräsident eine Wahlniederlage überhaupt akzeptieren wird? Die Opposition ist skeptisch und schickt Tausende Beobachter ins Land.
Die ersten Maßnahmen gegen Twitter konnten noch leicht umgangen werden. Nun sperrt die türkische Regierung auch den Zugang zu alternativen Verbindungsmethoden.
Mein Land, meine Wahlen, mein Luftraum – Erdogan geht rigoros gegen seine Feinde vor. Am Sonntag lässt er sich dafür von Anhängern in Istanbul bejubeln.
Dass Twitter gesperrt ist, ist noch lange kein Grund, nicht zu twittern. Die subjektiven Top-Twenty-Tweets zur Twitter-Sperre in der Türkei.
Nie hat der türkische Staat Kosten und Mühe gescheut, sich vor aller Welt zu blamieren. Aber was will Erdoğan mit der Twittersperre erreichen?
„Twitter und solche Sachen werden wir mit der Wurzel ausreißen“, sagte der türkische Ministerpräsident Erdogan am Donnerstag. Nun ist Twitter gesperrt.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will im Internet einmarschieren. Was sagt das Internet dazu? Es protestiert und – lacht.
Im Internet werden kompromittierende Telefonate des Premiers veröffentlicht. Nun will er gegen die entsprechenden Plattformen vorgehen.