taz.de -- Kommunalwahl in der Türkei: Das Sex-Tape ist da!
Ein paar Tage vor der Kommunalwahl taucht auf Youtube ein neues kompromittierendes Video auf. Im Mittelpunkt: Ministerpräsident Erdogans Sohn Ahmet Burak.
Seit Wochen ist in der Türkei darüber [1][spekuliert worden], was sich die Urheber der angeblichen Telefonmitschnitte vor der Kommunalwahl am 30. März als Finale aufgehoben hatten: Was mit angeblichen Gesprächen zwischen Ministerpräsident [2][Recep Tayyip Erdoğan und seinem Sohn Bilal] begann, in denen es darum ging, dass der Sohn Geld beiseite schaffen sollte und sich mit [3][weiteren Gesprächen] aus dem Umfeld des Ministerpräsidenten fortsetzte, musste doch, so lautete die allgemeine Vermutung, mit einem großen Knaller enden.
Etwas mit Sex. Oder mit Mord und Totschlag. Viele hatten die [4][Sperre von Twitter] Ende vergangener Woche mit der Furcht der Regierung vor diesem Knaller erklärt.
Jetzt ist es da, das Sex-Tape. Es soll sich dabei um Gespräche zwischen soll Ahmet Burak Erdoğan, dem ältesten Sohn des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan mit seiner ausländischen Geliebten handeln. Mit einer gewissen voyeuristischen Freude kann man sich die etwa [5][elf Minuten nun auf Youtube] anhören.
Man kann sich über die Liebeserklärungen von Burak amüsieren („I will eat you“), sich über sein Englisch belustigen und befremdet zuhören, wie er in späteren Gesprächen die Frau beschimpft („Motherfucker“) und bedroht („I will kill you“). Im Vorspann wird die Frau als Schweizerin vorgestellt, in dem Gespräch ist davon keine Rede. Überhaupt kommt sie im zweiten Teil des Zusammenschnitts kaum zu Wort, ein Schweizerischer Akzent ist nicht erkennbar.
Plötzlicher Reichtum
Im türkischen Twitter, das trotz aller [6][Behinderungen weiterläuft], landete der Hashtag [7][#popiş] binnen kürzester Zeit auf Platz zwei der Trending Topics. „Popiş“ ist der Kosename, den Burak im ersten, dem verliebten Teil des Gesprächs benutzt. Anders als sein jüngerer Bruder Bilal wirkt Burak [8][nicht begriffsstutzig], sondern zunächst etwas debil und später jähzornig.
In dem Vorwort zum Video pikieren sich die mutmaßlichen Urheber – hinter denen die Gülen-Gruppe vermutet wird – über die Doppelmoral der AKP. Der Ministerpräsident habe mit seiner Erklärungen, „eine religiöse Generation“ heranziehen zu wollen die Religion missbraucht.
Ahmet Burak Erdogan ist 33 Jahre alt und seit zwölf Jahren mit seiner Ehefrau Sema verheiratet. Mit seinem Schwiegervater Osman Ketenci hat er auch geschäftliche Beziehungen. Der plötzliche Reichtum, zu dem Burak in den vergangenen Jahren gelangt war – unter anderem gehören seiner [9][Reederei sechs Schiffe] – hatte schon vor den Youtube-Veröffentlichungen Anlass zu Spekulationen über Korruption und Vorteilsnahme gegeben.
Allerdings glauben viele, dass dieses vermeintliche Gespräch von Burak Erdoğan noch nicht alles war und weitere schmutzige Videos folgen werden.
Aber nicht alle wollen diese Mischung aus Voyeurismus und Moralismus mitmachen. „Wer auf kompromittierende Videos wartet, soll sich das [10][Video] anschauen, wie Ali Ismail Korkmaz zusammengetreten wurde“, kommentierte noch kurz vor dieser Veröffentlichung eine türkische Userin auf Facebook. Der 19-jährige Student war in Eskişehir zu Beginn der Gezi-Proteste [11][tot geprügelt] worden, jeweils vier Polizisten und Zivilisten sind deswegen vor Gericht.
25 Mar 2014
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