taz.de -- Kommunalwahlen in der Türkei: Keine Neuauszählung in Ankara
Der Protest der Opposition wurde abgeschmettert, Melih Gökçek wird wohl Bürgermeister bleiben. Doch der CHP-Herausforderer Yavas will erneut Einspruch einlegen.
ANKARA afp | Die türkische Opposition ist mit der Forderung nach einer Neuauszählung der Kommunalwahlstimmen in Ankara gescheitert. Die für die türkische Hauptstadt zuständige Wahlbehörde lehnte einen entsprechenden Antrag der sozialdemokratisch-kemalistischen Oppositionspartei CHP am Freitag ab.
Bei den Wahlen am vergangenen Sonntag hatte die islamisch-konservative Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan landesweit Prozent der Stimmen geholt und auch die Großstädte Istanbul und Ankara gewonnen.
Während in Istanbul der AKP-Bürgermeister Kadir Topbas seinen CHP-Herausforderer Mustafa Sarigül klar schlug, war das Rennen in Ankara so knapp, dass zunächst beide Bewerber den Sieg für sich reklamierten. Die CHP legte Beschwerde gegen das Ergebnis ein und bestritt, dass der AKP-Amtsinhaber Melih Gökçek seinen Posten gegen den CHP-Herausforderer Mansur Yavas behaupten konnte.
Laut vorläufigem Ergebnis entfielen auf den seit 20 Jahren regierenden Gökçek 44,79 Prozent der Stimmen, auf Yavas 43,77 Prozent. Yavas [1][kündigte via Twitter an], auch gegen die Ablehnung der Neuauszählung der Stimmen Einspruch einzulegen. „Das Verfahren geht weiter“, schrieb Yavas.
Die Polizei in Ankara war am Dienstag mit Wasserwerfern gegen tausende Oppositionsanhänger vorgegangen. Nach Medienberichten protestierten die CHP-Anhänger vor dem Gebäude der Wahlbehörde im Zentrum gegen die ihrer Meinung nach gefälschten Ergebnisse der Kommunalwahl.
4 Apr 2014
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