taz.de -- Kommentar EU-Sanktionen Russland: Sanktiönchen helfen auch nicht

Die EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland sind halbherzig und werden auf die EU zurückfallen. Man sollte zu den alten Vereinbarungen zurückkehren.
Bild: Es könnte alles so schön sein. Ukrainerin in Donezk

Es ist immer dasselbe Muster: Erst verkünden die USA neue Sanktionen gegen Russland, dann folgt die EU. Während die Amerikaner hart und gezielt vorgehen, beschränken sich ihre Nachahmer aus Brüssel auf ein paar symbolische Sanktiönchen. Trotzdem tun alle hinterher so, als stehe der Westen wie ein Mann hinter der Ukraine.

Aber diesmal überzeugt diese Inszenierung nicht. Zum einen haben sich die Europäer auf ein Minimalprogramm verlegt. Die EU-Botschafter - und nicht die Außenminister oder gar die Staats- und Regierungschefs - haben diese neue Sanktionsliste beschlossen. Fast konnte man den Eindruck haben, die Chefs schämten sich für diesen Beschluss.

Während die Amerikaner auf die Rüstungs- und Energiebranche in Russland zielen, strafen die Europäer Rebellenführer in der Ostukraine ab. Auch das überzeugt nicht. Nicht einmal der selbsternannte Bürgermeister von Slawjansk steht auf der Liste. Im Grunde macht sich die EU mit dieser misslungenen „Auswahl“ lächerlich.

Vor allem aber zeigt sie, dass die Europäer mit ihrem Latein am Ende sind. Sie schaffen es weder, die vor allem von Berlin beschworene diplomatische Lösung voranzubringen. Noch sind sie willens und in der Lage, die eigentlich fällige Stufe 3 der Sanktionen - harte wirtschaftliche Strafmaßnahmen - einzuleiten.

Genau das hatten die USA gefordert, doch die 28 EU-Staaten fürchten sich vor der Rache Putins. Und völlig zu Recht. Denn Europa ist wirtschaftlich wesentlich mehr mit Russland verflochten als die USA. Ein Handelskrieg würde auf die EU zurückfallen; schon jetzt bekommen wir die Folgen der US-Sanktionen zu spüren.

Bleibt nur die Rückkehr zur Diplomatie. Sinn hat sie aber nur, wenn die EU mehr zu bieten hat als nette Gespräche. Ohne eine Rückkehr zu den Vereinbarungen vom 21. Februar wird es nicht gehen. Die Ukraine braucht eine neue, wirklich „inklusive“ Regierung. Aber diese Einsicht hat sich in Brüssel noch nicht durchgesetzt. In Washington schon gar nicht.

29 Apr 2014

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
EU-Sanktionen
Russland
Russland
Nazideutschland
Lugansk
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Donezk
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ostukraine
Chuck Hagel

ARTIKEL ZUM THEMA

Russland-Forscher über die Ukrainekrise: „Wir schlittern in einen Krieg“

Nicht Putin habe die Ukrainekrise ausgelöst, sondern der Wunsch der USA, die Ukraine in die Nato zu holen, meint der Russlandforscher Stephen Cohen.

Festgehaltene OSZE-Beobachter: Doch keine Hoffnung auf Freilassung

Die prorussischen Milizen wollen die Beobachter doch nicht rausgeben. An Putin fühlen sie sich nicht gebunden. Und Ukraines Militär hält kein Manöver in Kiews Zentrum ab.

Kommentar Angst vor Russland: Staaten im Schockzustand

Der Ukraine-Schock sitzt tief bei den Menschen in Polen und den baltischen Staaten. Viele sehen Parallelen zur Politik Nazideutschlands.

Festgehaltene OSZE-Beobachter: Putin deutet Freilassung an

Der russische Präsident „hofft“, dass die Militärbeobachter bald freikommen. Derweil haben prorussische Separatisten die Gebietsverwaltung von Lugansk gestürmt.

Schröder auf Putins Party: Dreht ihm den Hahn ab

Wenn man schon den Handlangern Putins die Konten in Europa sperrt, warum nicht auch dem deutschen Propagandisten – Altkanzler Schröder?

Konflikt in der Ukraine: Angriff auf proukrainische Demo

Erneut attackieren prorussische Kräfte eine Demonstration in Donezk. Es gibt außerdem Berichte über Geiselnahmen in der ostukrainischen Metropole.

Schröder feierte mit Putin: Umarmung in der Zarenhauptstadt

Mit Russlands Präsident Putin hat Altkanzler Schröder am Montag seinen 70. Geburtstag nachgefeiert. Auch der Chef von Gazprom war dabei.

Debatte Militärische Antwort auf Putin: Was tun?

Müssen Europa und die USA militärische Stärke zeigen, weil Putin sich nicht von Diplomatie beeindrucken lässt? Ein Pro und Contra.

Krise in der Ostukraine: Russischer Rückzug nicht erkennbar

Die an der Grenze zur Ukraine aufmarschierten russischen Truppen sollen abgezogen sein. Die Nato sieht das anders. In Donezk gab es Verletzte bei Demonstrationen.