taz.de -- Schließung von Guantánamo: Die Freiheit wird greifbar
In den USA wird die Entlassung vieler Häftlinge aus dem Gefangenenlager vorbereitet. 149 Männer sind dort noch verwahrt, von denen 78 freikommen könnten.
WASHINGTON afp | US-Präsident Barack Obama plant offenbar einen großen Schritt hin zu der von ihm versprochenen Schließung des umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo. Aus Regierungskreisen in Washington hieß es am Donnerstag, dass „eine bedeutende Zahl“ von Entlassungen vorbereitet werde. „Ich denke, es wird in diesem Jahr ein wesentlicher Fortschritt zu sehen sein“, sagte ein ranghoher Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte.
Obamas Vorgänger George W. Bush hatte das Gefängnis für Terrorverdächtige nach den Anschlägen vom 11. September 2001 eingerichtet, als die USA weltweit Jagd auf Anhänger des Terrornetzwerks Al-Kaida machten. Menschenrechtsgruppen prangern an, dass die Insassen in Guantánamo ohne rechtsstaatlichen Schutz festgehalten werden.
In dem zu einer US-Militärbasis auf Kuba gehörenden Lager sitzen noch 149 Männer ein, von denen 78 nach derzeitiger Einschätzung der US-Behörden keine Gefahr darstellen und sofort freigelassen werden könnten.
In vielen Fällen können die Insassen aber nicht in ihre Heimat abgeschoben werden, weil ihnen dort Verfolgung oder gar Folter droht. Der Kongress in Washington sperrt sich wiederum dagegen, dass Guantánamo-Häftlinge auf das Staatsgebiet der USA gelangen.
Drittstaaten sollen Häftlinge aufnehmen
Obamas Regierung sucht daher nach Drittstaaten, die zur Aufnahme bereit sind. „Wir sind erfreut über die Fortschritte, die wir bei den Überstellungen ins Ausland machen“, sagte der US-Regierungsvertreter.
Derzeit verhandeln die USA auch mit Deutschland über die Aufnahme eines Gefangenen. Medienberichten zufolge handelt es sich dabei um den gebürtigen Marokkaner Younous Chekkouri, der seit zwölf Jahren in Guantánamo sitzt.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte vergangenen Monat bei einem Besuch in Washington allerdings, dass nicht mit einer „schnellen Entscheidung“ über den Fall zu rechnen sei. Deutschland hatte im Jahr 2010 nach langer Diskussion bereits zwei ehemalige Guantánamo-Häftlinge aufgenommen - einen staatenlosen Palästinenser und einen Syrer.
Von den 71 Guantánamo-Häftlingen, die nicht zur Abschiebung freigegeben sind, sind nach Angaben der US-Regierung aktuell zehn Männer vor einem Militärtribunal angeklagt.
Republikaner sind unzufrieden
Darunter befinden sich die mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September um Khalid Sheikh Mohammed. Die verbleibenden 61 Häftlinge wurden demnach in zwei Gruppen aufgeteilt: 23 Männern drohe eine Anklage, 38 weitere Insassen könnten eine Haftprüfung beantragen.
Obamas Regierung hatte in der vergangenen Woche fünf afghanische Taliban-Mitglieder aus Guantánamo nach Katar überstellt. Im Gegenzug ließen die Taliban den vor fünf Jahren entführten US-Soldaten Bowe Bergdahl frei. Der Gefangenenaustausch stieß bei Republikanern im Kongress auf heftige Kritik.
Sie werfen der Regierung vor, mit „Terroristen“ verhandelt und einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen zu haben. Außerdem beklagten sich mehrere Kongressabgeordnete, dass sie nicht wie vorgeschrieben mit 30 Tagen Vorlauf von der Überstellung von Guantánamo-Häftlingen erfahren hätten.
6 Jun 2014
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