taz.de -- Polizei-Fuhrpark: Teuer, aber nicht ausgelastet
Niedersachsens Polizei soll sparen: Motorräder stehen ungenutzt herum, moniert der Landesrechnungshof – als ein Beispiel für Steuerverschwendung.
HANNOVER taz | Niedersachsens Polizei soll künftig mit weniger Streifenwagen und Motorrädern auskommen. Dies ist eine von dutzenden Sparmaßnahmen, die der Landesrechnungshof (LRH) bei der Vorstellung seines Jahresberichts in Hannover eingefordert hat.
Schon unter Leitung des polizeibegeisterten Innenministers Uwe Schünemann (CDU) gab das Land jährlich 10 Millionen Millionen Euro für die Polizeiautos aus – die im Schnitt 31.000 Euro kosten. Doch auch nach Abwahl des christdemokratischen Hardliners wurde nicht gespart: Für das laufende Jahr planen die Beamten des amtierenden SPD-Innenministers Boris Pistorius Ausgaben von 12,5 Millionen Euro. Ein Plus von 25 Prozent.
Von den aktuell 4.887 blau-silbernen Wagen der Marke Volkswagen werden allerdings hunderte gar nicht gebraucht. Problemlos sei eine Reduzierung des Fuhrparks um zehn Prozent umsetzbar, monieren die LHR-Senatsmitglieder unter Vorsitz des Juristen Richard Höptner, und das „ohne Mobilitätsverlust für die Polizei“.
Noch peinlicher: Ihre Motorräder nutzt die niedersächsische Polizei so gut wie gar nicht. Die Auslastungsquote der Fahrzeuge der Marken BMW und Yamaha, mit 28.000 Euro beinahe so teuer wie ein Streifenwagen, lag landesweit bei nur 11,7 Prozent. Und das, obwohl der LHR es bereits als „Vollauslastung“ wertet, wenn ein Motorrad in der ersten und der zweiten Tageshälfte jeweils zehn Minuten bewegt wird. Im Klartext: Fährt ein Polizist von 11.50 bis 12.10 Uhr im Kreis, gilt seine Dienstmaschine als „voll ausgelastet“.
Formell versprechen führende Polizeibeamte deshalb Besserung: Die Berechnungsgrundlage des LRH werde „grundsätzlich anerkannt“, lässt sich Landespolizeipräsident Uwe Binias zitieren. Noch im laufenden Jahr werde der Bestand an Streifenwagen um fünf Prozent reduziert. Auch von den aktuell 229 Motorrädern dürften 70 verschwinden. Gespart werden soll trotzdem nicht: „Mit dem Geld“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums zur taz, „kaufen wir dann neue Fahrzeuge.“ Schließlich müsse die Polizei „modern, wirtschaftlich und zukunftsfähig“ ausgestattet sein.
Ähnliche Milchmädchenrechnungen kritisiert der LRH auch beim größten Kostenfaktor des Landes, dem Personal: Zwar seien durch die Auflösung der Bezirksregierungen rund 6.700 Stellen gestrichen worden. Insgesamt seien in den Jahren von 2003 bis 2014 rund 11.000 Posten weggefallen. Allerdings wurden auch 14.000 Bedienstete neu eingestellt – darunter 1.906 durch die seit Februar 2013 amtierende rot-grüne Landesregierung.
Dies geschehe „mit Geld, das Niedersachsen nicht hat“, so LRH-Präsident Höptner. Mit Blick auf die schrumpfende Bevölkerung müsse die Verwaltung vielmehr 5.900 weitere Stellen streichen – bis 2030 soll das Land laut neuester Prognosen rund 450.000 Einwohner weniger haben als heute. Möglich seien Einsparungen von 300 Millionen Euro jährlich, sagte Höptner. 2013 lag die Neuverschuldung bei rund 500 Millionen Euro.
11 Jun 2014
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