taz.de -- Kommentar Gauck und Militäreinsätze: Haltloses Gerede

Joachim Gauck fordert mehr Bundeswehr-Präsenz, wird aber nicht konkret. Aber wo es um Menschenleben geht, verbietet sich Schwadronieren.
Bild: Gauck an der Afghanistan-Front: Ende 2012 im Bundeswehr-Camp Marmal

Joachim Gauck hat es schon wieder getan. Vier Monate nach seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz forderte der Bundespräsident erneut mehr militärisches Engagement der Deutschen, „um Verbrecher oder Despoten zu stoppen“.

Gauck blieb dabei ähnlich unpräzise wie Ende Januar. Er sprach zwar von Einsätzen „gemeinsam mit anderen“, nicht aber davon, ob die UNO diese billigen muss. Und erneut verzichtete er auf eine Analyse der bisherigen Erfahrungen mit humanitären Interventionen.

Dabei sind das die eigentlich wichtigen Debatten: Ist das Vorrücken des Isis im Irak die Konsequenz aus dem Krieg gegen Saddam Hussein – oder der Nicht-Intervention in Syrien? Oder beidem? War der Afghanistan-Einsatz unvermeidlich? Und wenn nicht – wie sinnvoll sind Interventionen, wenn sie der Westen nicht durchhält, bis ein Land langfristig stabilisiert ist?

Sicher: Man kann argumentieren, dass es die Aufgabe von Bundespräsidenten ist, im Ungefähren zu bleiben. Dass so wie Christian Wulff über den Islam als Teil Deutschlands sprach, nun Gauck über die Notwendigkeit des Militärischen redet. Aber wo es um Menschenleben geht, verbietet sich Schwadronieren.

Gauck vermag nicht einmal genau über mögliche Länder für ein militärisches Eingreifen zu reden. Im Interview springt er nahtlos vom Ukrainekonflikt zu seiner Forderung nach mehr militärischem Engagement. Vermutlich will auch Gauck keine Nato-Bomber in die Ostukraine schicken – sein Interview lässt diese Interpretation jedoch zu.

Für einen Moment nur muss man sich vorstellen, Gauck säße nicht im Schloss Bellevue, sondern im Außenministerium. Es ist der Moment, an dem man versteht, was Deutschland an Frank-Walter Steinmeier hat – und warum Gauck so auch als Bundespräsident eine Fehlbesetzung darstellt.

Vor vier Jahren trat sein Vorvorgänger Horst Köhler zurück – nach heftiger Kritik an einem Interview, in dem er Auslandseinsätze auch zur Sicherung freier Handelswege verteidigte. Gauck wird kaum so schnell seinen Hut nehmen. Aber diejenigen, die ihn ins Amt gehievt haben, die SPD vorneweg, sollten ihm dringendst deutlich machen, dass es eine Wiederwahl nur geben wird, wenn er seine haltlosen Reden über deutsche Außenpolitik einstellt.

15 Jun 2014

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Martin Reeh

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