taz.de -- Zwischenfall nach Demo in Dresden: Nazis ziehen in Landtag ein

Nach einer Nazi-Kundegebung in Sachsens Landeshauptstadt eskortiert die Polizei Rechte ins Landtagsgebäude. Politiker sind empört.
Bild: Brauchen Staatsschutz: Neonazis in Dresden am Dienstagabend.

DRESDEN dpa/taz | Im Anschluss an eine Kundgebung der rechtsextremen NPD ist es am Dienstagabend in Dresden zu einem Zwischenfall gekommen. Nach Abschluss der Veranstaltung vor dem Haus der Presse flüchteten etwa 40 NPD-Mitglieder und -Anhänger vor rund 100 Gegendemonstranten in den nahe gelegenen Sächsischen Landtag. Beim Versuch, die Lager zu trennen, setzte die Polizei Pfefferspray ein. Von mehreren Personen seien die Personalien festgestellt worden, sagte ein Sprecher. Festnahmen habe es nicht gegeben.

[1][Laut dnn-online] hatten die Neonazis nach dem Aufmarsch lautstark verkündet, dass die Polizei sie zum Landtag eskortieren werde. Daraufhin seien auch etliche Gegendemonstranten dorthin gezogen. Mit der Situation schien die Polizei überfordert. Über eine Stunde soll sie die Gegendemonstranten mit Schlagstöcken und Pfefferspray zurückgedrängt haben.

Erst gegen 22 Uhr verließen die Rechten in Kleingruppen und von der Polizei begleitet das Landtagsgebäude. [2][Die Polizei selbst schilderte] den Vorgang eher zurückhaltend: „Nicht störungsfrei hingegen verlief der Abgang der Teilnehmer der NPD Kundgebung. (...) Einsatzkräfte begleiteten die verbliebenen Teilnehmer der NPD Kundgebung bis zu ihrem Ausgangspunkt am Sächsischen Landtag. Unter dem friedlichen Protest von rund 200 Gegendemonstranten verließen sie in kleinen Gruppen nach und nach das Landtagsgelände.“

Die zeitweilige Unterbringung der Rechtsextremen sei in Absprache mit dem Landtag erfolgt, in dem die NPD über Fraktionsräume verfügt. Der SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Martin Dulig sprach von einem unglaublichen Vorgang. „Da werden Feinde der Demokratie in das Haus der Demokratie gelassen“, sagte er nach Worten seiner Sprecherin.

18 Jun 2014

LINKS

[1] http://www.dnn-online.de/dresden/web/dresden-nachrichten/detail/-/specific/Hunderte-Dresdner-demonstrieren-lautstark-gegen-Neonazi-Kundgebung-am-17-Juni-2626546814
[2] http://www.polizei.sachsen.de/de/MI_2014_29961.htm

TAGS

Dresden
Sachsen
Polizei
Schwerpunkt Neonazis
NPD
Rechte
Landtag
Demo
Schwerpunkt Landtagswahlen
Bundesregierung
NPD
Dresden
Verfassungsschutz
Verfassungsschutz
Gordian Meyer-Plath
NPD
NPD
Sitzblockade
Kreuzberg

ARTIKEL ZUM THEMA

Landtagswahl in Sachsen: Die NPD kippelt

Lange war Sachsen Stammland der NPD. Jetzt bangen die Rechten um den Einzug in den Landtag. Ein Scheitern würde die kriselnde Partei schwer treffen.

Rechtsextrem motivierte Kriminalität: „Keine weiteren Ermittlungsansätze“

Wegen der NSU-Morde wurden hunderte Tötungsdelikte erneut auf rechte Motive geprüft. Was kam raus? Die Regierung meint: nichts Neues.

NPD vor dem Verbotsverfahren: Ein letztes Aufbäumen

Das Parteiverbotsverfahren soll eingestellt werden, fordert die NPD. Denn es gebe weiterhin V-Leute. Der Bundesrat sieht das anders.

Reaktionen auf Landtagsasyl für Nazis: Lächerlich gemacht

80 Teilnehmern einer NPD-Demo wurde Zuflucht im sächsischen Parlament gewährt. Die Polizei fühlt sich nicht verantwortlich. Die Oppositionsfraktionen sind empört.

Jahresbilanz des Verfassungsschutzes: „Vergiftete Simmung gegen Fremde“

Der Innenminister ist beunruhigt wegen der vielen fremdenfeindlichen Übergriffe. Ihn besorgen aber auch gewaltbereite Linksautonome.

Verfassungsschutzbericht 2013: Mehr rechtsextreme Gewalttaten

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der fremdenfeindlichen Übergriffe um 20 Prozent gestiegen. Fast 10.000 gewaltbereite Rechtsextreme gibt es in Deutschland.

Sächsischer Verfassungsschutzchef: Alter Herr beim Geheimdienst

Der neue Verfassungsschutzchef in Dresden gehört einer Bonner Burschenschaft an. Er hält diese Verbindung für eine „reine Privatsache“.

Naziaufmarsch in Dresden: Kurzauftritt in Pfingsthitze

Weniger Rechtsextreme als angekündigt kommen zum „Tag der deutschen Zukunft“. Sie können marschieren, aber die Route wurde wegen der Proteste verkürzt.

Nazi-Aufmarsch in Dresden: „Zukunft statt Überfremdung“

Am sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ wollen rund 1.000 Rechte marschieren – auch die NPD ist eingeladen. Ein Bündnis hat Proteste angekündigt.

Amtsgericht verurteilt Linken-Politiker: Strafe für Nazi-Blockade

Der Landtagsabgeordnete Falk Neubert muss 1.500 Euro zahlen. Er soll den Nazi-„Trauermarsch“ 2011 in Dresden grob gestört haben.

Kommentar NPD-Aufmarsch: Blockaden gut, Böller nützlich

Was zusammenkommen muss, um einen Naziaufmarsch erfolgreich zu verhindern – und warum der Kreuzberger Blockadeerfolg dennoch nicht ungetrübt ist.