taz.de -- Futtern und Feiern in Friedrichshain: „Das Baby heißt 'Neue Heimat'“
Betreiber Sebastian Baier über den neuen Berlin Village Market auf dem RAW-Gelände, auf dem es neben Street Food auch Musik und Performances geben soll.
taz: Herr Baier, am Sonntag soll auf dem RAW-Gelände in Friedrichshain der „Berlin Village Market“ eröffnen, mit Essensständen, Musik und Kunst. Was genau haben Sie vor?
Sebastian Baier: Der Village Market bietet Street Food auf höchstem Niveau, vor einer freaky Kulisse: 4.000 Quadratmeter hin zur Spree, mit zwei wunderbar verfallenen Industriehallen. Die machen wir gerade auf improvisierte Art schön. Und dann geht’s los: 25 Stände mit Street Food werden wir haben, darunter einige erfahrene Gastronomen aus dem Friedrichshainer Kiez. Österreichisches von Mutzenbacher, polnische Pierogi von Pan Kowalski, Eis, New Yorker Deli-Küche …
Das klingt zweifellos lecker, aber es gibt schon in der Markthalle 9 Street Food und im Bite Club – wozu also hier auch noch?
Zunächst mal ist bei uns der Kulturanteil höher als bei anderen Street-Food-Märkten, schließlich kommen wir alle aus dem Umfeld der Bar 25 und des Chalet. Wir haben zwei Bühnen gebaut, auf denen Live-Acts und Performance-Künstler auftreten, DJs und Installationen gehören auch zum Konzept. Wir haben sogar eine eigene Kuratorin, die das Kunstprogramm zusammenstellt. Um etwaige Konkurrenzsituationen machen wir uns auch keine Sorgen. Das ist hier keine Kleinstadt, in der wir das zweite Dorffest aufmachen. Die Markthalle-9-Betreiber sind Freunde von uns. Wir sind Unternehmer genug, um zu wissen, dass Berlin groß genug ist für uns alle. Auch der Mauerpark ist so weit weg – der wird kein Stück leerer, wenn wir eröffnen. Das ganze Baby wird übrigens „Neue Heimat“ heißen, da wird künftig noch viel mehr stattfinden (siehe Kasten).
Warum haben Sie sich ausgerechnet das RAW-Gelände ausgesucht? Dort gibt es doch schon so viel Rummel: Flohmarkt, Biergarten, Technoschuppen …
Rummel – Sie sagen es. Die Gegend ist als Techno-und Drogen-Ballermann verschrieen. Wir finden das schade und wollen, dass die Friedrichshainer die Schönheit des Geländes mit seinen Freiflächen wieder neu entdecken. Es wird Zeit, dass ein Ruck durchs Gelände geht. Auch Familien mit Kindern sollen sich hier wohl fühlen. Wir alle erreichen selbst gerade das Alter, in dem man nicht mehr drei Tage durchraven will. Sondern Sonntagnachmittag in Ruhe was isst, stöbert und ein kaltes Bier trinkt, während die Kinder rumtoben. So einen Ort, zumal mit gutem Essen, gibt es dort noch nicht. Ab dem 20. August wird es mittwochs einen Nacht-Designmarkt geben – noch eine Gelegenheit, den großartigen Sonnenuntergang dort zu genießen.
Noch ist das nächtliche Klima zwischen Warschauer Straße und Ostkreuz eher rau. Wie wollen Sie verhindern, dass sonntags die Techno-Druffies bei Ihnen landen?
Da werden wir sicher irgendeine Form von Einlasskontrolle brauchen, die Fremdgetränke oder Leute in indiskutablem Zustand draußen lässt. Aber Eintritt wollen wir nicht nehmen. Wir testen erst einmal, wie es läuft: Die Eröffnung wird ein Tag der offenen Arme. Und dann mal sehen.
Wie sicher können Sie sich denn auf dem RAW-Gelände fühlen? Die Eigentumslage ist unklar, zwei Eigentümergesellschaften streiten sich um das Recht, dort Wohnungen zu bauen.
Wir haben, wieder einmal, nur einen temporären Mietvertrag, aber immerhin ein paar Jahre Planungssicherheit. Wenn gebaut wird, müssen wir raus. Das kennen wir ja bereits von der Bar 25. Aber anders als damals wären wir nicht mehr bereit, gleich eine Revolution anzuzetteln, um bleiben zu können. Wir holen so viel Zeit und Kreativität heraus, wie wir können. Dann überlegen wir uns wieder was Neues.
2 Aug 2014