taz.de -- Kämpfe in Gaza: Verminderte Intensität
Im Gaza-Streifen kommt es trotz Waffenruhe zu vereinzelten Gefechten. In Jerusalem wird ein Anschlag mit einem Bagger verübt.
GAZA-STADT ap | Eine von Israel verkündete Feuerpause hat den Menschen in Teilen des Gazastreifens am Montag eine kurze Atempause verschafft. Ausgenommen waren Gegenden, in denen noch israelische Soldaten operierten, wie das Militär mitteilte. Während die siebenstündige Waffenruhe im Gazastreifen offenbar weitgehend hielt, kam es in Jerusalem zu zwei Angriffen auf israelische Bürger. Ein Mann mit einem Bagger rammte in Jerusalem einen Bus und tötete einen Fußgänger. Die israelische Polizei sprach von einem Terrorangriff. Ein Polizist erschoss den Baggerfahrer. Fünf Menschen seien verletzt worden.
Der israelische Fernsehsender Channel 10 zeigte ein Handy-Video, auf dem zu sehen ist, wie der Bagger seine Schaufel in den Bus rammte. Bei den Verletzten handelt es sich Medienangaben zufolge um Passagiere und Fußgänger. Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat sagte, die schnelle Reaktion des Polizisten habe weitere Opfer verhindert und rief zur Ruhe auf. Kurz darauf wurde ein israelischer Soldat laut Medienberichten von einem vorbeifahrenden Motorrad aus niedergeschossen und schwer verletzt. Auch hier geht die Polizei von einem Terrorangriff aus.
Nach Ablauf einer einseitigen siebenstündigen Waffenruhe hat das israelische Militär seine Luftangriffe auf den Gazastreifen am Montagabend wieder aufgenommen. Palästinensische Behördensprecher berichteten, zwei Menschen seien bei einem Angriff auf ein Ziel nahe einer Wasserentsalzungsanlage getötet worden. 16 weitere hätten Verletzungen erlitten.
Wenige Stunden vor der Waffenruhe tötete das israelische Militär einen radikalen Palästinenserführer. Die Gruppe Islamischer Dschihad teilte mit, ihr Kommandeur im nördlichen Teil des Territoriums, Daniel Mansur, sei getötet worden, als sein Haus kurz vor Morgendämmerung getroffen worden sei. Die Organisation Islamischer Dschihad ist ein enger Verbündeter der Hamas.
Auch nach Inkrafttreten der Feuerpause gab es vereinzelt Gefechte, wenn auch in verminderter Intensität. Im Flüchtlingscamp Schati griffen israelische Truppen ein Haus an von dem sie nach eigener Darstellung angegriffen worden waren. Mindestens drei Menschen wurden getötet. Israel hatte am Sonntag seine Offensive heruntergefahren und das Gros seiner Bodentruppen aus dem Gazastreifen abgezogen. In der Region tobten zuvor heftige Gefechte, allen voran im Süden des Küstenstreifens, wo beim erneuten Beschuss einer UN-Schule mindestens zehn Menschen ums Leben kamen.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon prangerte den Angriff als „eine moralische Schandtat und einen kriminellen Akt“ an. Mit ungewöhnlich scharfer Kritik reagierte Frankreich. Außenminister Laurent Fabius erklärte, Israels Recht auf Sicherheit rechtfertige nicht „die Tötung von Kindern und das Massaker an Zivilisten“.
Israelische Untersuchung zur UN-Schule
Der Einsatzleiter der UN-Palästinenserhilfsorganisation UNRWA, Robert Turner, sagte, mindestens einer der Toten sei UN-Mitarbeiter gewesen. Das angegriffene Gebäude biete etwa 3000 Menschen Schutz. „Die Standorte all dieser Einrichtungen sind dem israelischen Militär wiederholt mitgeteilt worden“, sagte Turner. „Ich habe keine Ahnung, warum das immer wieder passiert.“ Das israelische Militär erklärte am Sonntagabend, es habe auf drei gesuchte Kämpfer auf einem Motorrad in der Nachbarschaft gezielt. Man werde nun die „Konsequenzen dieses Angriffs“ untersuchen, hieß es.
Es war das siebte Mal seit Beginn des jüngsten Konflikts, dass ein UN-Gebäude getroffen wurde, das palästinensischen Flüchtlingen als Zufluchtsort diente. Die UNRWA hat nach eigenen Angaben in drei Fällen geheime Raketenlager in ihren leerstehenden Schulen gefunden. Israel beschuldigt die Hamas, ihre Waffen in zivilen Einrichtungen zu verstecken und Zivilisten als „menschliche Schutzschilde“ zu missbrauchen.
Dem Gazakrieg sind seit dem Beginn vor dreieinhalb Wochen sind mittlerweile fast 2000 Menschen zum Opfer gefallen – mehr als 1880 Palästinenser sowie über 60 Israelis.
4 Aug 2014
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Während des Gazakrieges kam der beliebteste palästinensische Fußballer um. Ahed Sakkut hinterlässt eine große Trauergemeinde.
Tawfik Gebreel übermalt Fotos von Rauchpilzen über Gaza. Doch die Kunstprojekte sind – gewollt oder nicht – Teil des Propagandakrieges zwischen Hamas und Israel.
Die Hamas ist militärisch ihrem Ende nah. Der Gazastreifen hätte enormes wirtschaftliches Potenzial, wenn ihm die arabischen Staaten unter die Arme griffen.
Um für Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern zu werben, posten Menschen Bilder, die sie mit Hummus zeigen. Eine Verzweiflungstat.
Seit Wochen kommt es immer wieder zu Ausschreitungen auf propalästinensischen Demonstrationen. Einige Juden überlegen, Deutschland sofort zu verlassen.
Israel hat die Macht, die Gewaltspirale zu durchbrechen. Auf palästinensischer Seite hat die niemand, sagt Riad Othman von Medico International.
Drei Tage sollen die Waffen schweigen. Israel zog bereits alle Bodentruppen aus Gaza ab. Die 1,8 Millionen Palästinenser benötigen dringend humanitäre Hilfe.
Er führt die militärischen Kassam-Brigaden an. Aus dem Untergrund wendet sich Mohammed Deif mit einer Botschaft an Israelis und Palästinenser.
Die Mörsergranaten aus dem Gazastreifen schaffen es nicht bis zum Kibbuz Be’eri. Doch die Bewohner haben Angst vor Angriffen aus dem Tunnelsystem.
Die Palästinenser behaupten, dass der der israelische Beschuss trotz Waffenruhe fortgesetzt werde. Die USA sollen an den bisherigen Angriffen beteiligt gewesen sein.
Solange Hamas die Waffengewalt im Gazastreifen besitzt, bleiben die Grenzen zu. Aber es gibt Wege, die eine Öffnung wahrscheinlicher machen würden.