taz.de -- Sanktionen im Ukraine-Konflikt: Kiew will kein russisches Gas leiten
Die Ukraine droht, Gas aus Russland nicht länger nach Westeuropa weiterzuleiten. Unterdessen gehen die Kämpfe in der Ostukraine weiter.
KIEW/MOSKAU/BERLIN dpa | In der Ukraine-Krise droht eine weitere Eskalation mit möglichen Folgen für die Energie-Versorgung in Europa. Kiew drohte Russland am Freitag erstmals mit einem völligen Stopp des Transits von Gas und Öl nach Westeuropa. Die Ukraine ist das wichtigste Land für den Transport von russischen Rohstoffen Richtung Westeuropa. Der russische Pipelinebetreiber Transneft warnte die Ukraine vor einem solchen Schritt. „Wir können dann das Öl zwar über andere Länder umleiten, aber das wird teuer für die Kunden in der EU“, sagte Transneft-Sprecher Igor Djomin in Moskau. Vom russischen Energieriesen Gazprom gab es zunächst keine Reaktion.
Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk sagte, die Regierung habe eine Liste mit insgesamt 65 Unternehmen vor allem aus dem Nachbarland für Sanktionen erstellt. Sollte das Parlament einem entsprechenden Gesetz zustimmen, könnte dies einen kompletten Transitstopp zur Folge haben. Die Abstimmung ist am 12. August.
Die Namen der Unternehmen veröffentlichte die prowestliche Regierung zunächst nicht. Bei einem schweren Gaskonflikt zwischen Moskau und Kiew 2009 war es zu erheblichen Engpässen in der Europäischen Union gekommen.
Russland kritisierte die Ankündigung scharf. „Die Sanktionsliste ist nur eine PR-Maßnahme, um dem Westen zu beweisen, dass die Ukraine an seiner Seite ist“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Russland werde die Sanktionen nicht unbeantwortet lassen. „Aber erst einmal muss das Projekt vom ukrainischen Sicherheitsrat befürwortet werden. Wir werden abwarten, ob es am Ende überhaupt der Mühe wert ist“, sagte der Diplomat.
Detonationen überall in der Stadt
Unterdessen gingen die Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und den prorussischen Separatisten mit unverminderter Härte weiter. Innerhalb von 24 Stunden seien mindestens 15 Soldaten getötet und 79 verletzt worden, sagte Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat in Kiew. „In allen Teilen der Stadt waren Detonationen zu hören“, teilte die Stadtverwaltung von Donezk mit. In den vergangenen Tagen waren beim Konflikt allein in Donezk viele Menschen getötet worden.
Nach Informationen der Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ostukraine wurde beim Beschuss von zwei Wohnhäusern und einem Krankenhaus im Zentrum von Donezk zudem mindestens ein Mensch getötet. Ein weiterer wurde verletzt.
Inmitten der Spannungen hatte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Donnerstag demonstrativ die ukrainische Hauptstadt besucht. Russlands Nato-Botschafter Gruschko kritisierte scharf, dass Rasmussen sich in Kiew nicht besorgt gezeigt habe über die Opfer und die Flüchtlingswelle in der Ostukraine. Stattdessen heize die Nato den Konflikt mit Aufrufen an, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen.
8 Aug 2014
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Ganz Europa will diese Pipeline. Wirklich ganz Europa? Wie 70 griechische Bauern gegen die Energiepolitik der EU rebellieren.
Der israelische Sicherheitsexperte Oded Eran über die Gas- und Ölreserven seines Landes, daraus resultierende Chancen und Konflikte im Nahen Osten.
Wegen des russischen Lieferembargos verliert Finnlands Agrarwirtschaft ein Drittel ihres Exportmarkts. Die Regierung prüft nun Beihilfen.
Mit Witz und Bauernschläue wehren sich die Polen gegen das russische Embargo. Doch die Obst- und Gemüsebauern des Landes leiden.
Separatisten fordern Waffenruhe. Die Bergung der Opfer der Flugzeugkatastrophe bleibt unterbrochen. Derweil warnt der Westen Russland vor einer Intervention.
Russland warnt den Westen vor weiteren Sanktionen – und gibt grünes Licht für ein gemeinsames Arktisprojekt. In der Ostukraine gibt es bei Kämpfen wieder zahlreiche Tote.
Dei meisten Geschäfte in Donezk sind geschlossen. Geld gibt es auch keines mehr. Nachts versuchen die Menschen, den Flug der Granaten zu erahnen.
In der Ostukraine ist der „Ministerpräsident“ der Separatisten, Alexander Borodaj, zurückgetreten. Seine Arbeit beim Aufbau der Republik sei abgeschlossen.
Die Liste der Einfuhrverbote wird länger. Russland reagiert damit auf die Sanktionen durch die USA und die EU. Und droht zudem mit Überflugverboten
Wegen der anhaltenden Kämpfe in der Ostukraine sind die Bergungsarbeiten am abgestürzten Flugzeug unterbrochen worden. Bisher wurden nur 228 der 298 Toten geborgen.