taz.de -- Kommentar Serbien und Sanktionen: Nette kleine Nebenfront
Der EU-Beitrittskandidat Serbien nutzt die Sanktionen, um selbst mehr Waren nach Russland zu exportieren. Daraus kann die EU lernen.
Hoffentlich hat die EU aus dem Blutvergießen in der Ukraine eine Lehre gezogen: Man kann nicht planlos, gewappnet allein mit moralischer Selbstgefälligkeit, in die russische Interessensphäre hereinstapfen, ohne Übles auszurichten.
Nun ist die Frage, ob Serbien zur Interessenssphäre des Kremls gehört. Natürlich nicht in dem Ausmaß wie die Ukraine. Der Balkan ist wirtschaftlich eigentlich unbedeutend, nicht nur für Russland. Aber spätestens mit dem Beginn des Baus der Gaspipeline Southstream, die auch durch Serbien führt, und erst recht in der heutigen kaltkriegerischen Stimmung gewinnt Serbien an Bedeutung im geostrategischen Schachspiel Moskaus.
Erstens: Serbien ist wohl das einzige europäische Land, das Mütterchen Russland a priori freundschaftlich gesinnt ist. Letztlich auch deshalb, weil die Nato „die Serben“ erst vor fünfzehn Jahren bombardiert und „der Westen“ „den Serben“ ihr Kosovo „geraubt“ hatte.
Zweitens: Sollte dieses idiotische Muskelspiel mit dem Westen fortgesetzt werden, könnte Wladimir Putin mit einem Standbein in Serbien die EU und die USA sehr wohl ärgern – die noch offene Kosovo-Frage, die Frage der serbischen Entität in Bosnien, die Beziehungen Serbiens mit den Nachbarstaaten und so weiter. Der gesamte Westbalkan mit seiner Durchschnittsarbeitslosigkeit von über 30 Prozent, mit seinen bösen Geistern der Vergangenheit ist eine nette kleine, anfällige Nebenfront, an der Russland und die USA wenig zu verlieren haben, Europa aber wohl.
Drittens: Russland könnte das fragile Serbien jederzeit wirtschaftlich erwürgen. Brüssel sollte in absehbarer Zeit lieber darauf verzichten, Serbien vor die Wahl EU oder Russland zu stellen. Den Krieg in der Ukraine hat man auch nicht kommen sehen. Und: „Der Serbe“ kann recht wenig mit der Ode an die Freude anfangen, die russischen Lieder liebt er aber.
20 Aug 2014
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