taz.de -- Zur Geschichte Hongkongs: Kommunistisch kontrolliert
Hongkong hat ein ungewöhnliches politisches System. Es ist das Erbe eines Kompromisses zwischen dem einstigen Kolonialherrn und Peking.
Ein natürlicher Tiefwasserhafen und die günstige Lage an der Mündung des Perlflusses an der Südküste Chinas machte Hongkong (zu Deutsch: „duftender Hafen“) im 19. Jahrhundert so attraktiv, dass die Briten hier unbedingt einen Stützpunkt haben wollten. Sie zwangen Chinas Kaiser 1841, diesen Flecken Erde an London abzutreten.
Später erbeutete London auch die vor Hongkong liegende Halbinsel Kowloon und pachteten die angrenzenden „New Territories“ samt einiger Inseln für 99 Jahre. Hongkong wurde „Kronkolonie“ und im 20. Jahrhundert lange Zeit wichtigster Brückenkopf des Welthandels und der Finanzwelt in Ostasien.
Als sich die Volksrepublik unter Mao Tse-tung von der Welt abschottete, flüchteten viele Chinesen nach Hongkong – in der Hoffnung, Hunger und politischem Terror zu entkommen. Erst am 1. Juli 1997 wurde der Union Jack zum letzten Mal über Hongkong eingeholt. Der 28. britische Gouverneur, Chris Patten, verließ die Stadt auf der HMY „Britannia“, und aus der „Kronkolonie“ wurde eine „Sonderverwaltungsregion“ der Volksrepublik.
Als Bedingung hatten die Briten ausgehandelt, dass die Hongkonger ihr eigenartiges politisches System für 50 Jahre behalten dürfen. Dazu gehören nicht nur die als einigermaßen unkorrupt und unabhängig geschätzte Justiz, sondern auch eine lebendige Presse, Religionsfreiheit und Lokalparlamente, deren Abgeordnete aber nur zum Teil demokratisch gewählt werden.
Ein Land - zwei Systeme
Die Formel, unter der dieser Kompromiss fortan bekannt wurde, heißt „Ein Land – zwei Systeme“. Gesetzliche Grundlage dieses Gebildes wurde das „Basic Law“, eine Art Miniverfassung. Sie sollte garantieren, dass Londons Exkolonie künftig von „Hongkongern“ regiert, ein „hohes Maß“ an Autonomie sichergestellt und allmählich mehr Demokratie zugelassen würde.
Aber Chinas Regierung machte schon bald klar, dass nicht etwa Hongkonger Juristen als letzte Instanz darüber befinden sollten, wie die Gesetze ausgelegt werden, sondern der Nationale Volkskongress in Peking – das Pseudoparlament unter Kontrolle der Kommunisten.
Heute leben in Hongkong auf 1.104 Quadratkilometern rund 7,2 Millionen Menschen. Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung hat noch einen britischen Pass. Dafür besitzen die Bewohner der Stadt in der Regel einen speziellen Hongkonger Ausweis, der es ihnen erlaubt, unkompliziert aufs chinesische Festland einzureisen. Als Bürger der Volksrepublik unterstehen sie sowohl der chinesischen Regierung in Peking als auch der Hongkonger Lokalverwaltung. Chinesen, die vom Festland nach Hongkong reisen oder sich dort niederlassen wollen, brauchen eine Genehmigung.
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Ein absurdes Erbe der Kolonialzeit und des mit den Pekinger Politikern ausgehandelten Kompromisses ist die Tatsache, dass die Kommunistische Partei in Hongkong bis heute im Untergrund agiert: Offiziell ist sie in der Stadt überhaupt nicht präsent – und folglich gibt es auch bei keiner Wahl offizielle kommunistische Kandidaten. Niemand weiß, welche Politiker der offiziell zugelassenen Parteien heimlich auch Mitglieder oder Kader der KP sind.
26 Aug 2014
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