taz.de -- Kommentar Diskriminierende Werbung: Gesellschaftliche Grundstörung
Frauenorganisationen fordern ein gesetzliches Verbot sexistischer Werbung. Doch es gibt ein praktisches und ein generelles Problem.
„Sexistische Kackscheiße!“ Mit solchen Aufklebern verzieren FeministInnen gern mal das eine oder andere sexistische Plakat in Deutschland. Viel zu wenig ist das den Frauenorganisationen Deutschlands, [1][sie fordern ein gesetzliches Verbot] sexistischer Werbung.
Ein zwiespältiges Gefühl stellt sich angesichts dieser Forderung ein. Natürlich geht einem der ganze sexistische Kram auf die Nerven. Und sicher beeinflusst – neben vielem anderen – auch Werbung das Geschlechterbild, das diese Gesellschaft zeichnet. Und den reflexhaften Vorwürfen des „Tugendterrors“ und der staatlichen Bevormundung kann der Staat ruhig mal etwas entgegnen: Ja, Sexismus geht nicht in Deutschland. Flagge zeigen, Signal setzen. Von wegen liberal – alles egal: Nein, ist es eben nicht.
Es gibt aber ein praktisches und ein grundsätzliches Problem. Das praktische: Wer definiert, was sexistisch ist? Ist Ironie dann auch verboten? Zudem will der Gesetzentwurf auch noch alle Stereotype gleich mitverbieten: autofahrende Männer und Hausfrauen? Da wird es absurd.
Das grundsätzliche Problem: Sexismus kann man nicht verbieten. Nicht nur die Werbung, die ganze Gesellschaft hat eine sexistische Grundströmung, Frauen werden überall abgewertet. Dagegen hat man mit einem Werbeverbot noch überhaupt nichts unternommen. Im Gegenteil, man hat nur einen Ausdruck des Problems verschwinden lassen.
Das Problem sexistische Gesellschaft ist dann aber immer noch da. Dagegen hilft nur: Aufdecken, sich empören, kämpfen. Pinkstinks trägt mit dem Gesetzentwurf zu dieser Debatte bei, das ist schön. Aber kommen wird das Gesetz nicht, und das ist kein Beinbruch. Denn sexistische Kackscheiße benennen ist wichtiger, als sie einfach nur schweigend per Gesetz zu versenken. Sie dampft nämlich noch überall.
23 Sep 2014
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
In Großbritannien wie auch in Frankfurt wird frauenfeindliche Werbung verboten. Nötig wären aber strengere Gesetze.
Das Bundesarbeitsgericht hat die fristlose Kündigung eines Grabschers aufgehoben. Es sendet ein Signal gegen klare Grenzen und für Sexismus.
Frauen werden minütlich im öffentlichen Raum angemacht. Das zeigt ein Video aus New York. Doch beim Betrachten bleibt ein fader Beigeschmack.
NGOs wollen per Gesetz geschlechterdiskriminierende Werbung verbieten lassen. Aber Wirtschaft und Parteien signalisieren Ablehnung.
Eifersucht, Endoskopie und Esoterik: Mit Frauen lässt sich alles dekorieren. Eine kurze Recherche bei „Focus“, „Stern“ und „Spiegel“.
Beim NBA-Champion San Antonio Spurs wird mit Becky Hammon erstmals eine Frau zum Vollzeitcoach – als Ko-Trainerin von Gregg Popovich.
Die CSD-Saison nähert sich ihrem Ende. Und wie steht die homosexuelle Bewegung da? Statt rosa Revolte, politisch ganz schön abgeschlafft.