taz.de -- Auslandseinsätze der Bundeswehr: SPD kritisiert von der Leyen
Zuletzt hatten Mängel die Bundeswehr blamiert. Dennoch kündigt die Verteidigungsministerin mehr Einsätze an. Bei der SPD sorgt das für Verstimmung.
BERLIN afp/dpa | Aus der SPD kommt scharfe Kritik an den Plänen von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für neue Bundeswehreinsätze im Irak und in der Ukraine. „Ich habe den Eindruck, hier ist die Ministerin vorgeprescht, ohne internationale Abstimmung und ohne die rechtlichen Voraussetzungen zu prüfen“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten, Rainer Arnold, der Saarbrücker Zeitung. „Mehr Verantwortung übernimmt man jedenfalls nicht dadurch, dass man bei Themen, die noch gar nicht spruchreif sind, das Parlament und die Öffentlichkeit irritiert.“
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte am Samstag Überlegungen bestätigt, dass die Truppe auf Missionen in der Ostukraine und im Nordirak zus schicken. Neue bittere Wahrheiten warten allerdings auf sie in einem Expertengutachten, das ihr an diesem Montag vorgelegt wird. Darin werden rund 140 Probleme und Risiken bei den größten Rüstungsprojekten der Bundeswehr aufgelistet. Ein schon totgesagtes Projekt könnte aber zumindest für kurze Zeit wiederbelebt werden: Die Skandal-Drohne „Euro Hawk“ hebt möglicherweise wieder ab.
Von der Leyen (CDU) sieht keinen Widerspruch zwischen den Mängeln im Rüstungssektor und neuen Aufgaben im Ausland. Die Bundeswehr habe erhebliche Probleme, die bearbeitet werden müssten, sei aber auch gefordert, Verantwortung zu übernehmen. „Und genau diese Balance hinzukriegen, das ist jetzt meine Aufgabe“, sagte sie am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“.
Die Ministerin hatte die Experten der Unternehmensberatung KPMG, der Ingenieurgesellschaft P3 und der Kanzlei Taylor Wessing mit der Überprüfung des Rüstungssektors beauftragt, weil sie mit der internen Kontrolle unzufrieden war.
Eines der untersuchten Projekte ist der „Euro Hawk“, dessen Entwicklung im vergangenen Jahr gestoppt worden war – wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den deutschen Luftraum und einer drohenden Kostenexplosion. Von der Leyen bestätigte am Sonntagabend in der ARD Medienberichte, wonach das für den „Euro Hawk“ entwickelte Aufklärungssystem nun weiter geprüft wird.
Neue Testflüge
Das Magazin Der Spiegel und die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hatten gemeldet, dass dazu die Drohne wieder zu Testflügen starten soll, darüber hinaus aber wohl nicht weiter genutzt wird. Als Alternative ist die Drohne „Triton“ vom selben US-Hersteller Northrop Grumman im Gespräch.
Das Experten-Gutachten stellt dem Rüstungssektor der Bundeswehr insgesamt ein schlechtes Zeugnis aus. In ihrer Analyse kommen die Experten nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zu dem Ergebnis, „dass eine Optimierung des Rüstungsmanagements in nationalen und internationalen Großprojekten dringend und ohne Verzug geboten ist“. Die Umsetzung werde mindestens für die kommenden zwei Jahre erhebliche Kräfte binden.
Konkret bemängeln die Analysten die Vertragsgestaltung bei Großprojekten, empfehlen eine Zusammenlegung der für Rüstung zuständigen Behörden und die Einstellung besser qualifizierter Mitarbeiter.
Pannen bei Ausrüstung
In den vergangenen beiden Wochen waren nach und nach [1][auch massive Mängel] und Pannen bei der bestehenden Ausrüstung der Bundeswehr bekanntgeworden. Trotzdem laufen erste Vorbereitungen für die Entsendung von Aufklärungsdrohnen zur Überwachung der Waffenruhe in der Ostukraine.
Eine Ausbildungsmission im Irak wird ebenfalls geprüft. Dazu könnte der Aufbau eines Trainingszentrums in der Kurden-Hauptstadt Erbil gehören. Aber auch die Beteiligung an der Ausbildung der von der Zentralregierung in Bagdad geführten Streitkräfte ist angedacht.
Wie viele Soldaten dafür benötigt würden, ist noch völlig unklar. Die endgültige Entscheidung steht für beide Missionen noch aus.
6 Oct 2014
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Bundesregierung will Rüstungsexporte und ihre Verwendung in Empfängerländern stärker kontrollieren. Das gilt auch für Überwachungsgüter.
Vor zwei Jahren wurde die Drohne „Euro Hawk“ eingemottet. Bald soll sie für Tests wieder fliegen. Das kann teuer werden.
Eigentlich hat sich die Bundeswehr von der „Euro Hawk“-Drohne verabschiedet. Jetzt soll sie doch noch eine Chance bekommen. Das kostet.
Bisher hat sich Deutschland vor allem mit Waffenlieferungen am Kampf gegen den IS-Terror beteiligt. Jetzt will die Regierung einen Schritt weitergehen.
Die Koalition will die Bundeswehr mit mehr Panzern aufrüsten. Auch die Rüstungsausfuhren unter Gabriel sind kaum gebremst.
Deutsche Hilfsgüter haben die Ukraine erreicht. Gemeinsam mit Frankreich denkt die Bundesregierung auch über militärische Unterstützung nach.
Grünen-Chef Hofreiter fordert die Verteidigungsministerin auf, gegen die Rüstungsindustrie vorzugehen. Ein Gutachten hatte gravierende Mängel aufgedeckt.
Die Berater von KPMG finden im Verteidigungsministerium unzureichende Rüstungsverträge. Gegen lange Verzögerungen gab es kaum Absicherung.
Die Verteidigungsministerin spricht vollmundig von mehr Einsatzwillen. Dabei überfliegt sie nicht zuletzt auch das Grundgesetz.
Luftangriffen im Irak und in Syrien bleiben tabu. Dennoch weitet Deutschland seine Beteiligung am Kampf gegen die Terrormiliz IS Schritt für Schritt aus.
Deutschland will Drohnen in die Ostukraine schicken. Sie sollen die Waffenruhe vor Ort überwachen. Zudem sollen wohl auch Fallschirmjäger eingesetzt werden.
Nun auch die „Eurofighter“: Wegen Herstellungsfehlern können die Kampfflugzeuge nicht so viele Flugstunden machen. Auch anderswo häufen sich die Mängel.
Der Zustand des Bundeswehrmaterials ist bescheiden. Die SPD macht Ursula von der Leyen dafür verantwortlich. Die CDU stellt sich hinter die Verteidigungsministerin.
Die Bundeswehr wurde nicht „kaputtgespart“. Die Pleiten-, Pech- und Pannenserie ist hausgemacht. Weniger Auslandseinsätze wären eine Lösung.