taz.de -- Kommentar Flüchtlingsgipfel: Legt zusammen!
Die Lage der Flüchtlinge wird nur punktuell behandelt. Stattdessen sollten Bund, Länder und Kommunen eine nachhaltige Lösung finden.
Städtetagspräsident Ulrich Maly hat recht, wenn er sagt, die Kommunen sollten angesichts der globalen Konflikte über die Flüchtlingszahlen „nicht jammern“. Ihre Beschwerden, die am Donnerstag im Kanzleramt verhandelt werden sollen, sind dennoch berechtigt.
Das geltende Finanzierungsmodell für die Versorgung von Asylsuchenden ist willkürlich und ungerecht. Kommunen in Bayern bekommen vier Fünftel der Kosten vom Land erstattet, in NRW mussten sie bislang vier Fünftel selber bezahlen. Der Bund, von allen öffentlichen Kassen am flüssigsten, hält sich fein raus.
Die Kommunen trifft gleichwohl eine Teilschuld: Viel zu lange wurde nichts gegen den Mangel an billigen Wohnungen unternommen – ein Problem, das Flüchtlinge nur als eine Gruppe unter vielen betrifft.
All das rächt sich jetzt. Die Folge sind schlechte bis katastrophale Lebensbedingungen für Asylsuchende. Und eine öffentliche Debatte, in der fast nur noch von Überlastung und Notstand die Rede ist. Das freut die AfD und Schlimmere – steht aber im Gegensatz zu einer bemerkenswerten privaten Hilfsbereitschaft landauf und landab.
Trotzdem wird es höchste Zeit, der Sache politische Priorität einzuräumen. Die darf sich nicht darin erschöpfen, Hunderte neue Asyl-Entscheider einzustellen. Das Ziel muss sein: soziale Gleichstellung, paritätische Finanzierung.
Der einfachste Weg dazu wäre, das Asylbewerberleistungsgesetz endlich zu streichen. Das würde die Kommunen automatisch von den Sozialleistungen entlasten – die müsste der Bund zahlen. Kommunen und Länder könnten sich die Kosten für die Unterbringung teilen. Und die Flüchtlinge hätten endlich Anspruch auf medizinische Regelversorgung statt auf bloße Notfallbehandlung.
22 Oct 2014
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Das UNHCR spricht von einem neuen Rekord an Menschen, die auf der Flucht sind. Auch Deutschland tut zu wenig. Doch nicht nur das ist ein Problem.
Die Behörden schaffen es nicht, Geflüchtete angemessen unterzubringen. Deshalb bieten Privatleute ihre Wohnung an. Ist das sinnvoll?
Die Deutschen sind nicht so fremdenfeindlich, wie die hohe Politik glaubt. Es ist Zeit, das Asylbewerberleistungsgesetz zu kippen.
Bezirke kritisieren Wahl der Standorte von Containerdörfern, auch die Rechten machen mobil. SPD-Abgeordnete findet Wärmeluftzelte inhuman.
Vertreter der Länder sind bei ihrem Treffen zur Asyl- und Flüchtlingspolitik zu keinem Ergebnis gekommen. Anfang Dezember sollen weitere Vorschläge gesammelt werden.
Das Bundesinnenministerium fordert eine konsequente Abschiebepraxis. Es gebe ein Vollzugsdefizit. Sogar Schleuser rieten zu einem Asylantrag hierzulande.
Die regulären Unterkünfte in München sind überlastet. Deshalb werden Flüchtlinge von der Stadt nun im Olympiastadion untergebracht.
Verbände, Kommunen und Regierung in NRW einigen sich auf Maßnahmen zur Betreuung von Flüchtlingen. Anlass sind die Skandale um deren Unterbringung.
Anwohner klagen gegen den Bau einer Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude. Die Behörden geben sich dennoch zuversichtlich.
Sozialsenator Mario Czaja (CDU) stellt die Standorte für die temporären Unterkünfte für Flüchtlinge vor: Sie liegen allesamt in der Peripherie.
Erneut haben über 50 Flüchtlinge den Grenzzaun vor der Stadt Melilla überwunden. In der vorigen Woche kam es bei einer ähnlichen Aktion zu Zusammenstößen.
Die NRW-CDU fordert einen Flüchtlingsbeauftragten und den Heim-TÜV. Die Grünen sehen den Bund in der Pflicht. In Essen wird am Montag darüber geredet.