taz.de -- Parlamentswahl in der Ukraine: Proeuropäische Parteien vorn

Nach ersten Prognosen zeichnet sich ein Wahlsieg der prowestlichen Parteien ab. Die meisten Stimmen bekam demnach die des Präsidenten Petro Poroschenko.
Bild: Ein Mann verlässt eine Wahlkabine.

KIEW ap | Die prowestlichen Parteien haben nach ersten Prognosen die Parlamentswahl in der Ukraine gewonnen. Der Block von Präsident Petro Poroschenko wurde nach Angaben der Organisation Rating Group Ukraine mit 22,2 Prozent stimmenstärkste Kraft, dicht gefolgt von der Volksfront von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk mit 21,8 Prozent. Die kürzlich gegründete proeuropäische Partei Samopomitsch wurde demnach mit 14,2 Prozent Dritter.

Eine zweite Prognose dreier ukrainischer Meinungsforschungsinstitute sah Poroschenkos Partei bei 23 Prozent und Jazenjuks bei 21,3 Prozent.

Poroschenko und Jazenjuk führen zwar rivalisierende Parteien an, sie stehen aber beide für eine westlich orientierte Politik und wollen die darniederliegende Wirtschaft des Landes reformieren. Es wird damit gerechnet, dass sie gemeinsam mit anderen proeuropäischen Kräften eine Koalition bilden werden. Amtliche vorläufige Ergebnisse wurden am Montag erwartet.

Der Oppositionsblock, der als Sammelbecken ehemaliger Anhänger des im Februar gestürzten Präsidenten Viktor Janukowitsch gilt, kam nach beiden Prognosen auf fast acht Prozent der Stimmen und dürfte damit die Fünf-Prozent-Hürde für einen Einzug ins Parlament ohne Probleme nehmen. Das scheidende Parlament war von Janukowitschs Partei der Regionen dominiert, die ihre Unterstützer vor allem im russischsprachigen Osten der Ukraine hatte.

Anhaltende Kämpfe in der Ostukraine

Dort konnte aber wegen der anhaltenden Kämpfe zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen vielerorts nicht gewählt werden, ebenso wie auf der Halbinsel Krim, die Russland nach der Flucht Janukowitschs annektiert hatte. Die nichtstaatliche Organisation Opora schätzte, dass rund 2,8 Millionen Menschen in den teils von Separatisten besetzten Regionen Donezk und Lugansk nicht wählen konnten. Das sind mehr als die Hälfte der potenziell fünf Millionen Wähler dort.

Poroschenko besuchte zunächst die bis Juli von den Separatisten besetzte Stadt Kramatorsk im Osten, bevor er in Kiew seine Stimme abgab. Dabei klagte er, dass mehr als 25 000 Soldaten, die nicht in ihren Heimatgemeinden waren, nicht wählen konnten. Gleichzeitig betonte er, dass es zu keinen Unregelmäßigkeiten gekommen sei. „Wir halten Wahlen ab, die allen europäischen demokratischen Standards entsprechen.“ Jazenjuk sagte bei seiner Stimmabgabe in Kiew, die Zeit für einen Neustart von Parlament und Regierung sei gekommen.

Im Osten der Ukraine hielten die Kämpfe auch am Sonntag an. Ukrainische Sicherheitskräfte sagten, Grenzsoldaten seien in der Region Lugansk am Sonntag von Rebellen beschossen worden. Über Tote oder Verletzte gab es zunächst keine Angaben. Seit Beginn des Konfliktes um eine Unabhängigkeit der Ostukraine im Frühjahr starben Behörden zufolge mehr als 3000 Menschen.

Die Ukraine-Krise begann im November 2013, als Janukowitsch ein unterschriftsreifes Assoziierungsabkommens mit der EU auf Eis legte und stattdessen engere Verbindungen zu Russland ankündigte. Die Proteste gegen ihn eskalierten, im Februar 2014 wurde er vom Parlament in Kiew abgesetzt und floh nach Russland. Anschließend annektierte Russland mit Unterstützung der dort lebenden russischsprachigen Bevölkerung die Krim und wenig später begannen auch die Kämpfe im Osten, wo ebenfalls viele russischsprachige Ukrainer leben.

26 Oct 2014

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