taz.de -- Konfrontation mit israelischen Soldaten: Palästinensischer Minister gestorben

Bei einer Auseinandersetzung im Westjordanland wurde Siad Abu Ain verletzt. Er starb im Krankenhaus. Präsident Mahmud Abbas sprach von einer „barbarischen Tat“.
Bild: Bei dem Protest: der palästinensische Minister Siad Abu Ain (links).

RAMALLAH/TURMUSIJA dpa/rtr | Ein palästinensischer Minister ist nach Konfrontationen mit israelischen Soldaten im Westjordanland gestorben. Siad Abu Ain (55) habe bei Auseinandersetzungen in einem Dorf nördlich von Ramallah Tränengas eingeatmet, bestätigte laut der Deutschen Presse Agentur der Leiter eines örtlichen Krankenhauses am Mittwoch. Ihmnach habe er einen Erstickungsanfall erlitten und sei dann im Krankenhaus an einem Herzstillstand gestorben. Eine Autopsie sei geplant.

Die Nachrichtenagentur reuters berichtete, Abu Ain sei von von den israelischen Soldaten geschlagen und gestoßen worden. Er war zwar Minister ohne Amtsbereich, aber für den Widerstand gegen israelische Siedlungen in den Palästinensergebieten zuständig.

Der Vorfall weckte Befürchtungen, wochenlange Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern könnten wieder zunehmen. Nach einem Streit um die Nutzung des Tempelbergs in Jerusalem, Unruhen und einer Welle von Anschlägen hatte sich die Lage zuletzt wieder etwas beruhigt.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte den Vorfall als „brutalen Angriff“ und „barbarische Tat“ und rief eine dreitägige Trauer in den Palästinensergebieten aus. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv sagte, die Einzelheiten würden geprüft. Die israelische Zeitung Haaretz berichtete unter Berufung auf die Familie des Ministers, er habe an Bluthochdruck und Diabetes gelitten.

Protest gegen Siedlungsbau

Abu Ain war mit einer Gruppe von Demonstranten in der Nähe des Dorfes Turmus Aja unterwegs, um gegen einen nahe gelegenen Siedlungs-Außenposten zu demonstrieren. Als Protest gegen Landenteignungen durch Israel pflanzten sie Olivenbäume.

Mahmud Alul, ein Mitglied des Fatah-Zentralkomitees, sagte dem palästinensischen Rundfunk, israelische Soldaten hätten sich den Demonstranten entgegengestellt und Tränengas eingesetzt. Die Sprecherin der israelischen Menschenrechtsorganisation Jesch Din, Reut Mor, betonte, der Protest der Palästinenser sei friedlich verlaufen. Berichte weitere Augenzeugen, denen zufolge der Minister von einem Soldaten mit einem Gewehrkolben oder Helm geschlagen wurde, konnte sie nicht bestätigen. Videoaufnahmen des palästinensischen Fernsehens zeigten Abu Ain, wie er sehr erregt mit israelischen Soldaten diskutiert.

Schon einmal in Haft

Nach Angaben von Alul brach Abu Ain bewusstlos zusammen, nachdem er Tränengas eingeatmet hatte. „Wir dachten, er sei nur leicht verletzt. Wir waren schockiert, als wir hörten, dass er gestorben ist.“

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat sagte am Mittwoch: „Wir fordern die internationale Gemeinschaft dazu auf, Israels tagtägliche Verbrechen gegen unser Volk zu stoppen.“

Abu Ain war 1982 wegen eines Bombenanschlags in der israelischen Stadt Tiberias, bei der zwei Menschen getötet wurden, zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Drei Jahre später kam er jedoch im Rahmen eines Häftlingsaustauschs wieder frei.

10 Dec 2014

TAGS

Israel
Palästina
Westjordanland
Israel
Terrorismus
Israel
Israel
Israel
Gaza-Krieg
Israel
Schwerpunkt Rassismus
Israel

ARTIKEL ZUM THEMA

Nahost-Konflikt: Israel fliegt Angriffe auf Gazastreifen

Die Waffenruhe dauerte drei Monate: Kampfflugzeuge haben Ziele im Palästinensergebiet angegriffen. Es sei eine Reaktion auf Raketenbeschuss der Hamas, so das Militär.

Konflikt im Westjordanland: Soldaten töten Palästinenser

Das israelische Militär hat im Westjordanland einen jungen Palästinenser erschossen. Er soll sich um einen Terroristen handeln.

Gewalt gegen israelische Zivilisten: Aufgeheizte Stimmung

Ein Palästinenser greift eine israelische Familie mit Säure an. Nach dem Tod des Fatah-Funktionärs Siad Abu Ein ist die Sicherheitslage angespannt.

Tod eines Palästinenserfunktionärs: Schläge oder Herzinfarkt?

Abu Ein starb nach einem Handgemenge mit israelischen Sicherheitskräften. Palästinensische Ärzte geben als Todesursache Schläge an. Israel bestreitet diese.

Neues Einwanderungsgesetz in Israel: Verfassungsbeschwerde angekündigt

Das israelische Parlament ändert die Regelungen für Flüchtlinge. Die Internierung wird verkürzt, das Beschäftigungsverbot bleibt.

Mögliche Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg: Amnesty fordert Untersuchung

Amnesty International wirft Israel vor, möglicherweise Kriegsverbrechen begangen zu haben. Kollektive Bestrafung der Einwohner müsse untersucht werden.

Israel löst Parlament auf: Neuwahl im März

Die Knesset hat am Montagabend ihrer Auflösung zugestimmt. Die Regierung von Premier Natanjahu war zuvor am Streit um das Nationalstaatsgesetz zerbrochen.

Debatte Nationalismus in Israel: Wem gehört der Staat Israel?

Netanjahu will Israel zum „Staat des jüdischen Volkes“ erklären. Das diskriminiert die Palästinenser. Und er verliert die jüdische Diaspora.

Israels Koalition steht vor dem Aus: Netanjahu will Neuwahlen

Premier Benjamin Netanjahu entlässt kritische Minister. Seit Wochen gab es Streit über den Verteidigungsetat. Im März wird neu gewählt.