taz.de -- Kommentar Demoverbot in Dresden: Panik total
Die Dresdner Polizei hat ein Grundrecht unverhältnismäßig eingeschränkt und alle haben Verständnis. So beginnt der Sieg des Terrors über die Freiheit.
Jetzt dürfen wir keine voreiligen Schlüsse ziehen. Als Nächstes sollten die Hintergründe geklärt werden. Und: Es gibt gar keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die drastische Maßnahme der Dresdner Behörden gerechtfertigt sein könnte.
Von wegen. Angesichts des Pauschalverbots sämtlicher Demonstrationen in Dresden ist nun genau das Gegenteil gefragt: Nichts sollten wir glauben, alles hinterfragen. Wenn die Maßnahme durchgeht, die Dresdens Polizeipräsident mit seiner politischen Ausgangssperre verhängt hat, hat der Siegeszug des fundamentalistischen Terrorismus in seinem Kampf gegen die Freiheitsrechte bereits begonnen. Mittäter: all jene, die sich von unverhältnismäßigen Horrorszenarien vorschreiben lassen, was sie laut und leise zu sagen haben.
Dass Sicherheitsbehörden möglicherweise konkrete Hinweise auf eine Gefährdung von Pegida-Wortführern haben, spielt für diese Einschätzung keine Rolle. Wo solche Hinweise vorliegen, sind – selbstverständlich – potenzielle Opfer zu schützen. Dazu hat der Rechtsstaat ein nahezu unbeschränktes Arsenal von Möglichkeiten – angefangen beim Personenschutz bis hin zur Absicherung einer Großdemonstration, wie es etwa bei Nazi-Aufmärschen gang und gäbe ist. Das ist nichts Neues, sondern: der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Erst das allerletzte Mittel wäre ein Demonstrationsverbot für die Bedrohten.
Die Dresdner Polizei ging sogar darüber hinaus – und nahm auch allen anderen Menschen zwar nicht das Recht auf Einkaufen und Zugfahren, aber pauschal das Recht, zu demonstrieren. Kerze anzünden für ein freies Tibet? Nicht erlaubt – Terrorgefahr. Das ist an Unverhältnismäßigkeit nicht zu überbieten und hätte sicher vor keinem Gericht Bestand.
Alarmierender als das Verhalten der Dresdner Polizei, die für ihr laxes Verhältnis zu Grundrechten und ihre rechte Schlagseite bekannt ist, ist jedoch die öffentliche Reaktion darauf. Ein falsches Verständnis für die völlig überzogene Maßnahme ist schon der erste Raumgewinn für die Feinde der Demokratie. Wenn das Schule macht, darf dieser Montag als Tag eins im Sieg des Terrors gegen die Demonstrationsfreiheit gelten. Panik total. Herzlichen Glückwunsch!
19 Jan 2015
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