taz.de -- Kommentar Griechenland-Wahl: Kein guter Anfang

Syriza-Wähler sind enttäuscht über die Zusammenarbeit mit den Rechten. Will Tsipras Neuwahlen erzwingen und so doch noch die absolute Mehrheit gewinnen?
Bild: Neues Team oder taktische Allianz? Syriza-Chef Alexis Tsipras (r.) mit dem Anel-Vorsitzenden Panos Kammenos.

Große Hoffnungen hat die Linkspartei von Alexis Tsipras bei den krisengeplagten Griechen erweckt. „Eine andere Politik ist möglich“, hieß es allenthaben – weg von den verhassten Spardiktaten, aber auch weg von Korruption, Klientelismus und kurzfristigen Parteiinteressen! Dass ausgerechnet eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten von den Unhabängigen Griechen (Anel) die viel beschworene neue Ära einläuten soll, ist eine herbe Enttäuschung für viele Syriza-Wähler.

Dabei gibt es durchaus Alternativen und willige Koalitionspartner. Sowohl mit der sozialistischen Pasok als auch mit der sozialdemokratisch angehauchten Partei To Potami hätte die Linkspartei größere Schnittmengen. Beide haben schon vor der Wahl eine Koalition mit Tsipras mehrmals ins Spiel gebracht, sich als Juniorpartner angeboten, vorerst aber eine Absage bekommen.

Dass die kuriose Rechts-Links-Koalition deshalb zustande kommt, weil die Rechtspopulisten Sparauflagen und Lohnkürzungen genauso entschlossen ablehnen wie die Linke, ist kein überzeugender Grund. Die beiden Parteien trennen eigentlich Welten, vor allem in der Außen- und der Ausländerpolitik.

Zudem gilt die rechtspopulistische Anel, die kaum ein Fettnäpfchen auslässt und Tsipras vermutlich viel Kopfzerbrechen bereiten wird, als Kuriosum des griechischen Politikbetriebs. Und nicht zuletzt sei die Frage erlaubt: Auch die rechtsradikale Goldene Morgenröte lehnt die Sparpolitik vehement ab, wird auch sie dadurch zu einem potentiellen, salonfähigen Koalitionspartner?

Aber vielleicht hat ja Tsipras, wie seine Vorgänger auch, eine für Außenstehende schwer durschaubare Taktik im Kopf, die er noch nicht verraten möchte. Sie könnte lauten: Die Rechtspopulisten – eigentlich eine One-Man-Show um den ehemaligen Außenpolitiker Panos Kammenos – sind einfacher zu handhaben als eine etablierte Partei mit langen Entscheidungswegen. Zudem stünden sie sofort, wenn auch ungewollt, zur Verfügung, wenn aus irgendwelchen Gründen ein Sündenbock gebraucht würde.

Dann könnte Tsipras auf Neuwahlen zusteuern und um die absolute Mehrheit werben, damit die Linkspartei ihr Programm in vollem Umfang und ohne Rücksicht auf lästige Koalitionspartner umsetzen kann.

26 Jan 2015

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Jannis Papadimitriou

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