taz.de -- Engagement für syrische Flüchtlinge: EU sagt verstärkte Finanzhilfe zu
Der für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides kündigt die Bereitstellung zusätzlicher Mittel an.
ZAATARI taz | Nach Kritik an ihrem rückläufigen finanziellen Engagement für die Versorgung der inzwischen rund zwölf Millionen syrischen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in Jordanien, Libanon, Irak, der Türkei und in Syrien will die EU zusätzliche Finanzmittel von zunächst 136 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Das kündigte der für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides am Donnerstagabend bei einem Gespräch mit der taz im größten jordanischen Flüchtlingslager Zaatari an.
Styliandes besuchte in dem 65 Kilometer nördlich der Hauptstadt Amman kurz vor der syrischen Grenze gelegenen Lager das Rehabilitationszentrum von "Handicap International"(HI). Die mit Hauptsitz im französischen Lyonn ansässige internationale Nichtregierungsorganisation versorgte seit Beginn ihres Engagements in der Krisenregion im Mai 2012 in Jordanien, Libanon, Irak und Syrien bereits über 400.000 kriegsverletzte und traumatisierte Flüchtlinge und Binnenvertriebene sowie alte Menschen, Behinderte und andere besonders verletzliche Personengruppen mit Prothesen sowie physiotherapeutischer und psychologischer Behandlung.
Stylianides erklärte gegenüber der taz, daß Jordanien 20 Millionen und Libanon 37 Millionen Euro von der EU-Behörde für humanitäre Hilfe und Krisenschutz (ECHO) erhalten sollen. 68 Millionen Euro gehen an Hilfsorganisationen, die sich um Binnenvertriebene und andere Hilfsbedürftige innerhalb Syriens kümmen. Der Rest der insgesamt zugesagten 136 Millionen Euro wird für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge im Nordirak und in der Türkei bereitgestellt.
In einem Mitte Januar veröffentlichten Interview hatte die Regionalvertreterin von "Handicap International" im Nahen Osten, Anne Garella, große "Sorge über die Entwicklung der internationalen Finanzhilfen" geäußert. So habe der EU-Haushalt 2015 urprünglich nur 100 Millionen Euro ECHO-Mittel für die vom Syrienkonflikt betroffenen Menschen vorgesehen. 2013 waren es noch 350 Millionen Euro. "Und dies", so Garella "obwohl sich gleichzeitig die Zahl der hilfsbedürfigen Menschen seit 2012 von vier Millionen auf zwölf Millionen verdreifacht hat, was mehr als die Häflte der Bevölkerung Syriens ausmacht. Das ist eindeutig eine humanitäre Reaktion, die sich umgekehrt proportional zu den Bedürfnissen verhält."
Angespannte Haushaltslage der EU
Ob dieses Mißverhältnis wieder korrigiert wird und die ECHO-Mittel für die humanitäre Versorgung der vom Syrienkonflikt betroffenen Menschen im Laufe des Jahres zumindest wieder auf das Niveau von 2013 erhöht, wollte EU-Kommissar Stylianides auf Nachfrage der taz unter Verweis auf die "angespannte Haushaltslage in der EU und vielen ihrer Mitgliedsstaaten" nicht verbindlich zusagen.
Als der zypriotische Politiker im November 2014 sein Amt als EU-Kommissar antrat, war der EU-Haushalt 2014 bereits verabschiedet. Doch Stylianides versprach, er wolle sich "dafür einsetzen, daß Europa seine Verpflichtung zur Solidarität mit den Opfern dieses Konflikts erfüllt".
Im Flüchtlingslager Zaatari mit seinen derzeit über 85.000 BewohnerInnen löste am Donnerstag allein schon der Besuch des EU-Kommissars Hoffnung auf verstärkte finanzielle Unterstützung aus Brüssel aus. An eine Visite seiner bulgarischen Vorgängerin Kristalina Georgieva konnte sich hier niemand erinnern.
30 Jan 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Im jordanischen Camp Zaatari leben viele, die der Krieg in Syrien verkrüppelt hat. Eine Organisation hat sich darauf spezialisiert, ihnen zu helfen.
Der Kälteeinbruch hat die Not der syrischen Flüchtlinge im Ostlibanon drastisch verschärft. Vor allem kleinen Kindern droht Lebensgefahr.
„Friedensstrategien“ sind für die neuen Verhandlungen ein zu großes Wort. Aber immerhin gibt es neue Ideen, die das Leid lindern könnten.
Für 150.000 syrische Flüchtlinge ist die türkische Stadt Mersin das Tor nach Europa. Für andere ist ihr Schicksal ein Millionengeschäft.
Menschen in Viehtransportern: Statt alte Frachter zu verschrotten, nutzen Schlepper sie als Flüchtlingsschiffe.
Vier Syrer flüchten aus ihrer Heimat nach Deutschland, denn der „Islamische Staat“ bedroht ihr Leben. Per Handy dokumentieren sie ihren Weg.
Die UN wollen 2015 vor allem Nachbarstaaten Syriens unterstützen. Diese haben den Großteil der Flüchtlinge aufgenommen.