taz.de -- Kommentar Griechenland und Troika: Mehr als ein Spiel

Der griechische Finanzminister Varoufakis pokert hoch. Dabei riskiert er, dass sein Land den Euroraum verlassen muss.
Bild: Jannis Varoufakis setzt viel, vielleicht zu viel.

Eins muss man ihm lassen: Jannis Varoufakis, Finanzminister in der Athener Links-Rechts Außen-Koalition, gilt als brillanter Denker, begnadeter Redner und Popstar des Keynesianismus. Zudem ist der Ökonom ein leidenschaftlicher Spieltheoretiker. Derart überdurchschnittlich intelligente Menschen neigen gelegentlich dazu, sowohl die Folgen ihres Handelns, als auch ihre Mitmenschen und deren Intelligenz zu unterschätzen, wodurch viel Unheil entstehen kann.

Einen spieltheoretischen Ansatz mit hohem Risiko scheint der Finanzminister auch bei seiner Verhandlung mit den internationalen Geldgebern zu verfolgen. Griechenland werde künftig nicht mehr mit der aus EU, IWF und EZB bestehenden Troika zusammenarbeiten, sagte er am Freitag mit verblüffender Offenheit nach einem Treffen mit Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem in Athen. „You've just killed the troika" soll ihm Dijsselbloem laut unbestätigten Medienberichten nach der gemeinsamen Pressekonferenz ins Ohr geflüstert haben, bevor er die Flucht ergriff.

Das gute Szenario, wofür immerhin einiges spricht, lautet: Varoufakis setzt lediglich sein Pokerface auf - wie es sich gehört bei einer Verhandlung - und denkt sich, wenn die EU bluffen kann, dann können es die Griechen wohl erst recht, haben sie doch schon ihre Rettungsmilliarden fast vollständig empfangen und sitzen damit am längeren Hebel.

Da Ende Februar der Euro-Rettungsschirm für Hellas zu Ende geht, könnte allerdings auch das weniger angenehme Szenario Realität werden: Varoufakis rennt mit dem Kopf gegen die Wand und riskiert, dass Griechenland infolge Zahlungsschwierigkeiten aus dem Euro rutscht, und sei es nur aus Versehen.

Gewiss: Viele Griechen haben bei der Parlamentswahl für die Linkspartei Syriza und somit auch für ein Ende der Troika-Kontrollen im Land gestimmt. Ein Euro-Austritt war in diesem Mandat jedoch nicht enthalten. Zumal im Wahlkampf sämtliche Syriza-Schwergewichte gebetsmühlenartig erklärten, die Linke setze sich ein für den Verbleib Griechenlands im Euro-Raum. An dieser Gewissheit sollte man nicht mehr rütteln. Auch nicht aus Spiellaune.

31 Jan 2015

AUTOREN

Jannis Papadimitriou

TAGS

Griechenland
Syriza
Yanis Varoufakis
Jeroen Dijsselbloem
Troika
Syriza
Troika
Yanis Varoufakis
Alexis Tsipras
Euro-Krise
Euro
Troika
Alexis Tsipras

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Griechenland: Mathematik schlägt Politik

Höhere Renten und ein angemessener Mindestlohn sind fast so nötig wie die Luft zum Atmen. Dies alles muss aber auch finanzierbar sein.

Griechenland nach der Wahl: Jenseits des Merkelismus

Gerade in Deutschland gibt es viel Kritik an Alexis Tsipras und seiner Partei Syriza. Wie aber beurteilen die Griechen ihre neue Regierung?

Griechische Schulden: Paris unterstützt Athen

Die neue griechische Regierung hat in Frankreich einen ersten Teilerfolg errungen. Sie bekommt Rückendeckung bei Schuldenverhandlungen.

Griechenland und die EU: Athen versucht sich in Diplomatie

Die Kampfansage an die Troika hat geknallt. Aber die griechische Regierung kann auch anders. Alexis Tsipras glättet die Wogen.

Kolumne Macht: Theaterdonner, nichts weiter

Austritt? Rausschmiss? Es geht nicht darum, ob Griechenland ein Teil der Eurozone bleibt. Denn ein Teil Europas bleibt es so oder so.

Griechenland lehnt Rettungskonzept ab: Zoff auf der Bühne

Giftige Blicke, ironische Andeutungen, hochrote Köpfe. Griechenlands Finanzminister Jannis Varoufakis will nicht mit der Troika kooperieren.

Griechenlands Finanzminister Varoufakis: Verhandeln über 300 Milliarden Euro

Er ist der zentrale Mann bei den Schuldengesprächen mit den Geberländern. Das Konzept von Finanzminster Jannis Varoufakis ist kein Geheimnis.

Ökonom über griechische Wirtschaft: „Der Mindestlohn darf nicht steigen“

Eine Revision der griechischen Reformen und ein Schuldenschnitt wären falsch, sagt Ökonom Clemens Fuest. Auch die gestoppte Hafen-Privatisierung sei notwendig.