taz.de -- Kommentar Jordanien und der IS: Die Exekutionsspirale
Der Kampf gegen den IS ist endgültig auf dem Boden der archaischen Blutrache angekommen. Der Lack staatlicher Zivilisation ist bald ab.
Mit der Hinrichtung zweier gefangener Anhänger des sogenannten Islamischen Staates hat die jordanische Regierung unverzüglich auf die Verbrennung eines jordanischen Kampfpiloten reagiert. Weitere Hinrichtungen sind angekündigt. Mit diesen Racheakten ist der Kampf gegen den IS endgültig auf dem Boden der archaischen Blutrache angekommen.
Auf die Provokation der Verbrennung des Kampfpiloten bei lebendigem Leib haben die jordanischen Beduinen wie gewünscht reagiert. Der Vater des Piloten, der Scheich des Beduinenstammes der Kasaesbehs, Safi al-Kasaesbeh, sagte in einem TV-Interview: „Das Blut meines Sohnes ist auch durch die beiden Hinrichtungen noch nicht gesühnt.“ Er fordert weitere massive Angriffe der jordanischen Armee auf die Milizen des „Islamischen Staates“.
Damit dürfte nach Syrien und dem Irak auch in Jordanien bald der Lack staatlicher Zivilisation ab sein. Da hilft auch die Fassade einer modernen Armee nicht, wenn Auge um Auge und Zahn um Zahn das Gesetz des Handelns werden. Der jordanische König, von den Radikalen schon lange als Handlanger der Amerikaner geschmäht, kann sich den Forderungen der Beduinenstämme, die seine Herrschaft stützen, nur schwer entziehen, wodurch wiederum die IS-Sympathisanten im Land Aufwind erhalten.
Fast eine Million syrischer Flüchtlinge sind für die acht Millionen Jordanier bereits jetzt eine Belastung, die die Gesellschaft zu spalten droht. Mit den Rufen nach Rache und den notwendig darauf folgenden Reaktionen dringt der IS weit in die jordanische Gesellschaft ein. Ein weiteres Land im Nahen Osten droht den IS-Extremisten zum Opfer zu fallen. Man kann nur hoffen, dass es dem jordanischen König doch noch gelingt, das Abgleiten in die wechselseitig betriebene Gewaltspirale zu verhindern.
4 Feb 2015
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