taz.de -- Putsch im Jemen: Immer weiter an die Macht

Zug um Zug, militärisch wie politisch, haben die Huthi-Rebellen die Macht im Land an sich gerissen. Ob das ihr Ziel war, ist unklar.
Bild: In der Hauptstadt Sanaa feiern die Huthis ihre Machtübernahme

BERLIN/SANAA taz/dpa | Die Huthi-Rebellen im Jemen haben mit der Umformung der Regierung begonnen. Ein führendes Mitglied der Rebellen wurde nach eigenen Angaben am Sonntag als neuer Stabschef des Präsidialbüros installiert. Der Führer der Aufständischen, Abdul Malik al-Huthi, rechtfertigte die schrittweise Machtübernahme als Widerstand gegen das Erstarken der Terrorgruppe al-Qaida.

Nachdem sie das Parlament vergangenen Freitag [1][für aufgelöst erklärt hatten], gaben sie einen Tag später die Bildung einer Sicherheitskommission bekannt, die bis zur Bildung eines Präsidentschaftsrates die Geschäfte führen soll. Mit der Ernennung des führenden Huthi-Mitgliedes Mahmud al-Dschunaid zum neuen Stabschef haben die Rebellen nun den Wandel begonnen. Den vorherigen Stabschef hatten die Huthis im Januar mehrere Tage lang entführt.

„Die internationale Gemeinschaft sollte positiv mit uns umgehen“, sagte al-Huthi in einer Fernsehansprache am Samstag. Er wolle mit der Übergangsverfassung verhindern, dass Chaos im Land ausbricht. Vorgesehen sei eine Übergangszeit von zwei Jahren. Wer Probleme anzetteln wolle, gegen den werde „mit aller Härte“ vorgegangen.

„Raum für Partnerschaft, Kooperation und Brüderlichkeit“

Al-Huthi beeilte sich außerdem, klarzustellen, dass er zur Zusammenarbeit mit anderen politischen Strömungen bereit sei. „Wir strecken unsere Hand zu jeder politischen Kraft in diesem Land aus“, sagte er laut der britischen BBC. „Es gibt Raum für Partnerschaft, Kooperation und Brüderlichkeit.“ Die Huthis gehören der schiitischen Minderheit an, zwei Drittel der Bevölkerung im Jemen sind dagegen Sunniten.

Ob eine Machtübernahme im Jemen von vornherein das Ziel der Huthis war, ist allerdings unklar. So hatten sie zum Beispiel nie den [2][Rücktritt von Hadi] gefordert, im Gegensatz zu dem des Premierministers, der dann ausgetauscht wurde. Und nach den heftigen Kämpfen in Sanaa im Januar schien es angesichts mehrerer Gesprächsrunden, als sei ihnen eher an mehr politischem Einfluss – auch auf die Regierung und ihre Organe – gelegen, als selbst Verantwortung zu übernehmen.

Auslöser für den Putsch war offenbar das Scheitern von Verhandlungen unter Vermittlung des UN-Gesandten Jamal Benomar über die Bildung einer neuen Regierung am Donnerstag. Unmittelbar danach flog Benomar nach Saudi-Arabien. Der Golf-Kooperationsrat erklärte, die Huthi-Machtübernahme sei ein „nicht hinnehmbare Eskalation“, die die „Sicherheit, Stabilität, Souveränität und territoriale Integrität des Jemen gefährdet“.

Gegen al-Qaida, aber auch gegen US-Politik in der Region

Mit dem Machtwechsel in Sanaa dürften auch die USA ein Problem haben. Sie führen einen Drohnenkrieg gegen den jemenitischen Ableger von al-Qaida und konnten in dieser Hinsicht sehr gut mit Hadi zusammenarbeiten. Die Huthis kämpfen zwar auch gegen al-Qaida, lehnen aber gleichzeitig die Politik der USA in der Region ab.

Im Jemen selbst löste das Vorgehen der Huthis am Samstag Proteste aus. Tausende gingen in Sanaa und anderen Städten auf die Straße, um gegen die Machtübernahme der Huthis zu protestieren. Unter anderem hatte die jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman die Bevölkerung dazu aufgerufen, die Putschisten zu stürzen. Hadi sei der legitime Präsident, teilte sie in einer Erklärung mit.

Die Minderheit der Huthis, die in einer armen, seit Jahrzehnten vernachlässigten Region im Norden des Landes leben, fordern einen größeren politischen Einfluss auf die Geschicke des Landes. Thema eines Nationalen Dialogs, der im Januar 2014 zu Ende ging, war unter anderem eine stärkere Föderalisierung des Landes. Vorgesehen waren sechs halbautonome Regionen. Die Huthis lehnen dies ab, weil sie darin eine Schwächung ihres Einflusses sehen. In dieser Hinsicht sind sie sich mit den Separatisten im Süden einig.

8 Feb 2015

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Beate Seel

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