taz.de -- Schändung von jüdischem Friedhof: Paris ruft Juden zum Bleiben auf
Auf einem jüdischen Friedhof in Frankreich wurden zahlreiche Gräber geschändet. Regierungschef Manuel Valls appelliert an Juden, im Land zu bleiben.
PARIS rtr/afp | Auf einem jüdischen Friedhof in ostfranzösischen Stadt Sarre-Union haben Unbekannte mehrere hundert Gräber geschändet. Innenminister Bernard Cazeneuve verurteilte die Tat in der wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernten Stadt am Sonntag als abscheulich. Die Regierung werde alles dafür tun, die Verantwortlichen dingfest zu machen. Frankreich hat in Westeuropa die größten jüdischen und muslimischen Gemeinden.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte am Sonntag, er rechne damit, dass sich die Angriffsserie in Europa fortsetzen werden. Zugleich betonte er, dass Juden aus der ganzen Welt in Israel willkommen seien. Sein Land bereite sich auf eine Einwanderungswelle aus Europa vor.
Dagegen hat der französische Regierungschef Manuel Valls an die jüdischen Bürger appelliert, im Land zu bleiben. „Unsere Botschaft an die französischen Juden lautet: Frankreich ist verletzt wie Sie, und Frankreich möchte nicht, dass Sie gehen“, sagte Valls am Montag dem Rundfunksender RTL. Valls äußerte Bedauern über den Aufruf Netanjahus an die europäischen Juden, nach Israel zu emigrieren. „Die französischen Juden gehören nach Frankreich“, sagte er.
In den vergangenen Jahren haben judenfeindliche Angriffe in Frankreich deutlich zugenommen, im Jahr 2014 wurden gar doppelt so viele antisemitische Straftaten wie im Vorjahr registriert.
16 Feb 2015
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Fünf Jugendliche, die einen jüdischen Friedhof verwüstet haben sollen, wurden festgenommen. Die mutmaßlichen Täter sind zwischen 15 und 17 Jahre alt.
Französische Juden, die vor zunehmendem Antisemitismus warnten, galten lange als eingebildete Kranke. Frankreich muss sein Selbstverständnis prüfen.
Der Attentäter von Kopenhagen war offenbar wütend auf Israel. Dänischer Chefrabbiner warnt vor Rede von Pogromen. Frankreich will Juden besser schützen.
Das Innenministerium weist Kritik am „Expertenkreis Antisemitismus“ zurück. Religionszugehörigkeit sei kein Kriterium für die Mitgliedschaft.
Jüdische Forscher lehnen den offiziellen „Expertenkreis“ der Bundesregierung ab. Sie planen eine alternative Kommission und üben Kritik an einer Studie.
Drei Palästinenser werden vom Amtsgericht Wuppertal zu Bewährungsstrafen verurteilt. Sie hatten Brandsätze auf eine Synagoge geworfen.
Israels Ministerpräsident Netanjahu hat die französischen Juden aufgefordert heimzukehren. Dabei kommen sie schon von allein.
Frankreich hat die drittgrößte jüdische Gemeinde weltweit. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der antisemitischen Übergriffe verdoppelt.