taz.de -- Kommentar Belastungen für Piloten: Von der Verantwortung
Depressionen dürfen nicht stigmatisiert werden. Die Krankheit verlangt aber nach einer Betreuung, die zur kritischen Selbsteinschätzung befähigt.
Depressionen sind eine Krankheit, für die niemand etwas kann. Niemand ist schuld daran, wenn er oder sie suizidgefährdet ist.
Was aber bedeutet es für eine Person, die in der Pubertät versucht hat, sich das Leben zu nehmen? Ist sie für alle Zeit stigmatisiert und wird ihr, so diese Episode bekannt wird, die Ausübung gewisser Berufe unwiderruflich untersagt? Oder gibt es, wie im Strafrecht, die Möglichkeit der Rehabilitation? Wie weit ist die Medizin in der Feindiagnostik? Gibt es Formen der Depression, die hundertprozentig überwunden werden können?
Im Falle des Andreas L. muss nun geprüft werden, ob alle vorhandenen Sicherheitsstrukturen genutzt wurden. Waren die entsprechenden Behörden angemessen besetzt, um bekannte Fakten richtig einzuordnen? Welche Fakten waren überhaupt bekannt? Denn natürlich kann die ärztliche Schweigepflicht nicht infrage gestellt werden.
Für den Pilotenberuf gelten die härtesten Voraussetzungen. Vielleicht wird man feststellen, dass bisher zu viel Wert auf die körperliche Fitness gelegt wurde und zu wenig auf eine Auseinandersetzung damit, was der Beruf an psychischen Belastungen mit sich bringt, durch die hohe Verantwortung, die Stunden im Cockpit, die vielen Nächte in Hotelzimmern.
Vielleicht müssen regelmäßige Begegnungen mit PsychologInnen eingeplant werden, die merken, wenn ein Mensch in eine emotionale Krise steuert. Und die immer wieder deutlich machen, dass zwar niemand etwas für eine psychische Erkrankung kann. Jeder Einzelne aber die Verantwortung für den Umgang damit trägt.
Ja, es klingt banal, aber auch der Bäcker, der eine Mehlallergie hat, muss sich einen neuen Beruf suchen. Das muss auch für hochqualifizierte Piloten gelten, die merken, dass sie sich nicht mehr selbst trauen können.
30 Mar 2015
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