taz.de -- Bericht der Weltwetterorganisation: 2024 war 1,55 Grad zu warm

Die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre ist höher als je zuvor – und heizt die Erde auf. Früher half noch die Natur.
Bild: Verheerende Waldbrandsaison 2025: Ein Feuerwehrmann bekämpft ein Feuer in Veiga das Meas im Nordwesten Spaniens

Berlin taz | Die Konzentration der klimaschädlichen Treibhausgase in der Atmosphäre hat einen neuen Höchststand erreicht: Nach [1][Erhebung der Weltmeteorologie-Organisation WMO] wurden im vergangenen Jahr 423,9 Teile Kohlendioxid pro Million (ppm) in der Erdatmosphäre gemessen. Auch Methan und Lachgas erreichten neue Rekorde. „Besorgniserregend ist, wie stark der Anstieg binnen eines Jahres ausfiel“, erklärt der Klimaforscher Mojib Latif der taz. Denn mit 3,5 ppm kam 2024 so viel CO2 neu in die Atmosphäre wie nie zuvor – fast viermal so viel wie in den 1960er Jahren.

„Die Konzentration steigt immer schneller“, sagt Latif, der [2][seit 2022 auch Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg] ist: „Ein Grund dafür ist, dass die Natur immer stärker ihre Fähigkeit einbüßt, Treibhausgase zu speichern.“ Wälder, Moore und Ozeane würden weniger Kohlendioxid aufnehmen als in den vergangenen Jahrzehnten – Effekte, die selbst direkte Folgen des Klimawandels sind.

Seit 2017 setzen etwa deutsche Forste mehr Treibhausgase frei, als sie speichern. „Es ist, als ob die Klimaanlage heizt, anstatt zu kühlen“, sagte der damalige Bundesagrarminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) bei der Vorstellung der Bundeswaldinventur vor einem Jahr. 2024 war zudem ein Jahr mit starker Waldbrandsaison, auch dabei entstand viel CO₂. 2025 [3][wüteten die Brände noch stärker], weshalb ein neuer Rekordanstieg zu befürchten ist.

Es gibt einen direkten Zusammenhang zwischen der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre und der globalen Oberflächentemperatur; nach Angaben der WMO lag diese im vergangenen Jahr 1,55 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Der „Global Tipping Points Report 2025“ [4][hatte Anfang der Woche davor gewarnt], dass oberhalb von 1,5 Grad die Eisschilde auf Grönland und in der Westantarktis kollabieren, was einen Anstieg des Meeresspiegels von mehreren Metern zur Folge hat.

Pariser Klimaziel liegt bei 1,5 Grad

Im Paris-Protokoll hatte sich die internationale Staatengemeinschaft 2015 verpflichtet, den Temperaturanstieg „auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, da erkannt wurde, dass dies die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen erheblich verringern würde“. Damals überstieg die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre erstmals den Wert von 400 ppm. Mojib Latif sagt: „Die Entwicklung illustriert die Hilflosigkeit der Weltgemeinschaft, das Problem endlich entschlossen anzugehen.“ Umso wichtiger wäre ernsthafter Klimaschutz.

16 Oct 2025

LINKS

[1] https://wmo.int/files/greenhouse-gas-bulletin-no-21
[2] /Akademie-der-Wissenschaften-in-Hamburg/!5817828
[3] /Nach-den-Waldbraenden-in-Spanien/!6116058
[4] /Forschende-sehen-drohendes-Sterben/!6119503

AUTOREN

Nick Reimer

TAGS

Schwerpunkt Klimawandel
Meteorologie
Wald
Emissionen
Treibhausgase
GNS
klimataz
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Klimawandel
IWF
Wald

ARTIKEL ZUM THEMA

Emissions Gap Report: Das Prinzip Hoffnung

Nie wurde mehr Kohlenstoffidioxid in die Atmosphäre geblasen. Ein UN-Report lässt kaum Hoffnung auf die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels.

Verfassungsklage gegen Klimaschutzgesetz: Umwelt-Sachverständigenrat gibt Klimaklagen Rückenwind

Regierungsberater*innen stützen mehrere Verfassungsbeschwerden gegen das reformierte Klimaschutzgesetz. Es gefährde verbindliche Klimaziele.

Ökonomin über Entwicklungsfinanzierung: „Seien wir ehrlich, der Planet brennt“

Der Niedergang der US-Hegemonie führt zu einer Phase von Chaos, sagt die indische Ökonomin Jayati Ghosh. Aber er bringe auch Chancen.

Keine Trendwende bei Entwaldung: Weltweite Waldzerstörung geht kaum zurück

Im vergangenen Jahr wurde eine Fläche an Wäldern abgeholzt, die größer ist als Schottland. Hauptgrund fürs Roden ist die Landwirtschaft.