taz.de -- Polizeieinsatz in München: Schüsse am israelischen Konsulat

Ein 18-Jähriger schießt beim israelischen Generalkonsulat auf Polizisten. Ermittler gehen von einem terroristischen Motiv aus.
Bild: Polizisten riegeln den Tatort ab

München taz | Ein Großeinsatz der Polizei hat am Donnerstagmorgen die bayerische Landeshauptstadt aufgeschreckt. In der Nähe des Karolinenplatzes in der Münchner Innenstadt, wo sich auch das israelische Generalkonsulat und NS-Dokumentationszentrum befindet, hatte ein Mann mehrere Schüsse abgegeben. Polizisten erwiderten darauf das Feuer und erschossen den Angreifer.

Nach taz-Informationen handelt es sich bei dem Schützen um einen 18-jährigen Österreicher, Emra I.. Er soll mit einem Auto zum Tatort gefahren sein. Den deutschen Sicherheitsbehörden soll der junge Mann bisher nicht bekannt gewesen sein. In Österreich soll Emra I. dagegen nach taz-Informationen seit Kurzem von Sicherheitsbehörden im Bereich Islamismus geführt worden sein.

Augenzeugen und die Polizei berichteten, dass der Mann zunächst mehrere Schüsse mit einem älteren Repetiergewehr mit Bajonett abgab, auch direkt auf das israelische Generalkonsulat. Das war auch auf Videos zu sehen, die auf Social Media Kanälen kursierten. Polizisten, die sich in der Nähe befanden, erwiderten darauf das Feuer und erschossen den 18-Jährigen. Weitere Personen wurden nicht verletzt.

Laut Polizei gibt es auch keine weiteren Verdächtigen. Das israelische Außenministerium teilte mit, es seien keine Konsulatsmitarbeitenden verletzt worden.

Ermittler gehen von einem versuchten Terroranschlag des Getöteten aus. Nach derzeitigen Erkenntnissen sehe man bei dem Angriff des mit einem Gewehr bewaffneten 18-jährigen Österreichers einen „Bezug zum Generalkonsulat des Staates Israel“, teilten Polizei und Generalstaatsanwaltschaft München mit. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach zuvor von einem „schwerwiegenden Vorfall“. Der Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen habe „oberste Priorität“.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erklärte am Nachmittag, München habe „heute kurz den Atem angehalten“. „Zum Glück ist es am Ende gut ausgegangen.“ Auch Söder dankte den Polizeikräften und gab jüdischen Bürger*innen und Einrichtungen ein „Schutzversprechen“.

Die Generalkonsulin Israels Talya Lador-Fresher dankte ebenso der Polizei für deren Handeln. „Dieses Ereignis zeigt, wie gefährlich der Anstieg des Antisemitismus ist“, appellierte sie. „Es ist wichtig, dass die breite Öffentlichkeit ihre Stimme dagegen erhebt.“

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) versprach, alles für die Sicherheit der jüdischen Bevölkerung in München zu tun. Er forderte auch ein „Umdenken“ der Bundesregierung in der Sicherheitspolitik. Es brauche hier weitere Maßnahmen wie die Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung oder die Möglichkeit anlassloser Polizeikontrollen.

Das Generalkonsulat war am Donnerstag für eine Gedenkfeier geschlossen, um an den antisemitischen Terroranschlag auf die Olympischen Spiel in München vor 52 Jahren zu erinnern. Bei dem [1][Olympiaattentat] hatten palästinensische Terroristen im Olympischen Dorf die israelische Mannschaft überfallen und elf israelische Sportler und einen deutschen Polizisten ermordet.

Israels Präsident Isaac Herzog sprach von einer Terrorattacke nahe des Konsulats, die er verurteile. Wieder habe ein Terrorist versucht, unschuldige Menschen zu ermorden. Auch Herzog dankte den Polizeikräften.

In der Umgebung von Karolinenplatz und Briennerstraße waren auch nach der Tat noch immer zahlreiche Polizisten vor Ort, ein Hubschrauber und etliche Drohnen im Einsatz. Die Polizei hatte Verkehrssperren errichtet und gebeten, das Gebiet großräumig zu umfahren.

5 Sep 2024

LINKS

[1] /Olympia-Attentat-Muenchen-1972/!5958626

AUTOREN

Dominik Baur
Konrad Litschko

TAGS

Polizeieinsatz
Olympia-Attentat in München
München
Antisemitismus
GNS
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Islamistischer Terror
München
Messerattacke
Ausstellung
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024

ARTIKEL ZUM THEMA

Anschlagsversuch in München: „Versuchter Terroranschlag“

Ermittler haben die Schüsse am Israelischen Generalkonsulat als versuchten Terroranschlag eingestuft. Täter soll seine Waffe einen Tag zuvor gekauft haben.

Vorfall in München: Schüsse vor Israelischem Konsulat

In der Nähe des NS-Dokuzentrums in München erschießt die Polizei einen Mann. Er soll mit einer Langwaffe auf Polizisten vor dem Gebäude geschossen haben.

Waffenrecht soll verschärft werden: Es kommt nicht auf die Größe an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser will Messer ab sechs Zentimetern in der Öffentlichkeit verbieten. Doch so bekämpft sie Gewaltkriminalität nicht.

NS-Dokuzentrum München: Ein paar Zentimeter Holz

Im NS-Dokuzentrum München folgt eine Ausstellung rechten Gewalttaten seit 1945. Angehörige von Ermordeten gerieten dabei oft ins Visier der Ermittler.

Olympia-Attentat München 1972: Offene Fragen zu LH-Flug 615

Während der Olympiade ermordeten Terroristen elf israelische Sportler. Eine Historikerkommission geht nun Hinweisen auf eine Verschwörung nach.